Montag, 29. August 2011

Es riecht nach Fisch

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Anzhi Machatschkala auch durch sportliche Erfolge auf sich aufmerksam macht. Der aktuell Tabellenvierte der russischen Premjer-liga sorgte in den vergangenen Wochen wegen der Traumofferte für den Kameruner Samuel Eto’o europaweit für Schlagzeilen. Der Interista hat vergangene Woche endlich den Kontrakt beim Klub aus Dagestan unterschrieben und avancierte mit seinem Autogramm zum Bestverdiener der weltweiten Kickerriege. Und das als Dreißigjähriger, wo sich die Leistungskurve beim Großteil der Aktiven schön langsam wieder nach unten orientiert. Schlappe Sechzig Millionen soll Eto’o in den nächsten drei Jahren verdienen. Eine pervers anmutende Summe, wenn man bedenkt, dass in Ostafrika gerade zwölf Millionen Menschen Hunger leiden und ihnen mit ein paar Euros schon einige Wochen geholfen wäre.

Dass hinter Anzhi, ins Deutsche übersetzt „Perle“, natürlich ein Gönner steht, konnte man sich fast denken. Suleiman Kerimows Privatvermögen bezifferte sich 2008 noch auf 17,5 Milliarden US-Dollar. Nach der Krise sollen es laut Forbes-Magazin „nur noch“ 3,1 Milliarden sein, dennoch zählt der Lesgier nach wie vor zu den reichsten Russen. Diesen Reichtum mag er aber nicht nur mit seinem neuesten Sternchen Eto’o teilen. Bereits seit längerer Zeit verteidigt der mittlerweile 38-jährige Roberto Carlos für die Perle aus Dagestan und wird dafür fürstlich entlohnt. Mittlerweile spielen noch drei andere Brasilianer für Kerimow. Im Winter wechselte der Innenverteidiger Joao Carlos aus Genk an den Kaukasus, genauso wie Jucilei, der Abräumer vor der Abwehr. Er kam für satte zehn Millionen Euro von den Corinthians aus Sao Paulo. Der Vierte im Bunde heißt Diego Tardelli. Der 26-jährige Angreifer kostete vergleichsweise schlappe fünf Millionen Euro und stürmte bereits für Betis und die PSV Eindhoven. Dass im Winter weiters der Mittelfeldspieler Mbark Boussoufa für acht Millionen Euro von Anderlecht und im Juli für 14 Millionen Euro der ungarische Teamstürmer Balázs Dzsudzsák von der PSV kamen, ging im Transferrummel gänzlich unter.

Mit der Verpflichtung Eto’os setzt Anzhi neue Maßstäbe im Wettrüsten um sportlichen Ruhm. Die Abramowitschs dieser Welt müssen sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Mit Malaga und Paris Saint-Germain agierten diesen Sommer zwei neue Vereine in Investorenhand am Transfermarkt äußerst aggressiv. Wirtschaftliche Interessen haben die Paten hinter ihren Investments eher keine. Denn weder Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan von Manchester City, noch Sheikh Abdullah Al Thani von Malaga oder der Emir von Katar, der PSG unterstützt, haben wohl die Muße noch reicher zu werden. Kerimow oder Abramowitsch sind da wohl keine Ausnahmen. Im Vordergrund steht die eigene Popularität zu steigern.

Insofern sind die von der Uefa gehegten Ideen eines „Financial Fair-Plays“ bestimmt nicht falsch. Der Grundgedanke ist jener, dass Vereine in Zukunft nicht mehr Geld - vor allem für Spielertransfers - ausgeben dürfen als sie einnehmen (dazu zählen die Grundeinnahmequellen eines unabhängigen Klubs, ohne Einkünfte von Investoren). Ein berechtigter Vorschlag, wenn der FC Barcelona als Meister und Champions-League-Sieger dennoch Verluste schreibt. Ingesamt macht das Financial Fairplay, welches ab der Saison 2013/14 angewandt wird, aber lediglich die Arbeit an Europas Spitze transparenter. Denn „geringe“ Fehlmargen werden auch in Zukunft toleriert. Ein allmählicher Übergangsprozess soll in den kommenden Saisonen ein langfristig effizienteres Wirtschaften ermöglich. So wird bis zur Saison 2014/15 noch ein Defizit von 45 Millionen Euro für den Vergleichszeitraum, welcher drei Spielzeiten beträgt, geduldet. Bis 2017/18 wird diese Summe auf 30 Millionen Euro verkleinert, ehe danach ein Minus von fünf Millionen Euro stehen darf. Insofern sind diese Reglungen für österreichische Vereine, mit Ausnahme von Red Bull Salzburg, von keiner bedeutenden Relevanz, da mit solch horrenden Summen in unserer Liga eher selten hantiert wird.

Die Konsequenzen gegen diese Regelungen reichen sogar bis zum Ausschluss aus dem Europapokal. Angesichts der Tatsache, dass Anzhi, Malaga und Paris Saint-Germain diese Saison ein sattes Minus auf Grund ihrer Transferaktivitäten einfahren und ihre defizitären Transfergeschäfte wohl auch in den kommenden Perioden fortsetzen werden, stehen die ersten Kandidaten für deren Maßnahmen bereit, da diese Saison bereits als erste Vergleichsperiode für die Saison 2013/14 bestimmt ist.

Dennoch gibt es nach wie vor Ungereimtheiten zu klären. Zwar haben es Investoren wie Kerimow oder Abramowitsch nun schwerer Geld in ihre Vereine zu pumpen, unmöglich wird dies allerdings nicht - auch in den bis dato erlebten Summen. Unter dem Mantel des Sponsoring können Millionenzahlungen mit geleistetem Gegenwert, so wie von der Uefa gefordert, getätigt werden. Der Investor hätte sogar einen zusätzlichen Werbewert. Weitere Maßnahmen seitens der Uefa wären auf juristischer Ebene zu hinterfragen, da die von der Europäischen Union propagierte freie Marktwirtschaft durch weitere Reglements zunehmend eingeschnürt würde. Insofern wird auch Dietrich Mateschitz mit seinen Fußballklubs keine gröberen Schwierigkeiten zu erwarten haben, genauso wenig wie die Werksmannschaften aus Leverkusen und Wolfsburg.

Unterm Strich wird die eigentlich sportliche Stellung von „Investorenvereinen“ gestärkt, da es nun Vereinen ohne Gönnern nicht mehr gestattet wird, finanziell mitzuziehen. Chelsea, Anzhi oder Manchester City spielt dies, genauer betrachtet, mehr in die Karten als Bayern München. Fakt ist aber auch, dass unabhängige Klubs dazu angehalten werden, effektiver zu wirtschaften und so ein geringes Risiko besteht sich massiv zu verschulden. Sportlich wird die Schere in den kommenden Spielzeiten aber noch weiter aus einander gehen. Und eigentlich ist die Uefa als Institution mit ihren Bewerben, ins besondere der hyperkommerziellen Champions League, die mit exorbitant höheren Prämien als die Europa League und einem hier wie dort propagierten für den Laien intransparenten Setzsystem den „kleinen“ Verein massiv benachteiligt und so eine Scherenöffnung mehr forciert als es Abramowitsch je getan hatte, eher zu hinterfragen. Denn der Fisch beginnt am Kopf zu stinken.

Donnerstag, 25. August 2011

Normalzustand

Nach der tapferen Leistung vom letzten Donnerstag flogen die Rieder, zwar nach wie vor als Außenseiter, nach Eindhoven, traten die Reise aber dennoch mit einer zusätzlichen Portion Selbstvertrauen an. Denn die augenscheinliche Dominanz der Niederländer gegenüber der Innviertler, die zeigte sich vor einer Woche nicht wirklich.

So stellte Trainer Paul Gludovatz sein obligatorisches 3-3-3-1 in ein gängiges 4-2-3-1 um. Hinum, der bereits im Hinspiel des öfteren die rechte Flanke gegen den wendigen Mertens verteidigt hatte, wurde von seinem Coach dort fixiert. Hadzic und Ziegl sollten vor der personell nicht umgestellten Abwehr die Räume eng machen; und vor ihnen sollten Lexa, Carrill und Royer schnelle Konterattacken fahren. Solospitze war diesmal der Spanier Guillem. Fred Rutten stellte sein Team genauso wenig um. Das traditionelle 4-3-3 blieb selbstverständlich erhalten. In der Innenverteidigung ersetzte der wieder genesene Hutchinson Marcelo. Weiters rückte Toivonen von der Mittelstürmerposition ins Mittelfeld zurück und für ihn agierte Labyad im Angriffszentrum. Soweit die Formationen.

Ausgesehen hat das in der Praxis so, dass sich die PSV zu Beginn der Partie sichtlich schwer tat, in selbige zu finden. So konnten die Gäste erste Offensivakzente setzen. Und wieder war Rieds Nummer Sieben, Daniel Royer, einer der Hauptinitiatoren des Rieder Angriffspiels- Und wieder war das Spielfeldzentrum auf Grund des Trios Wijnaldum-Toivonen-Strootman in niederländischer Hand. Zusätzlich verlieh Toivonens Präsenz dem Spiel der Werkself eine körperlich stärkere Komponente als es noch Ojo im Hinspiel getan hatte. Überhaupt wirkte das Mittelfeld kreativer. Dies spiegelte sich wieder, indem Wijnaldum seiner Rückennummer alle Ehre erwies und nicht nur im Zentrum, sondern auch an den Flügeln präsent war und versuchte seine Vorderleute gekonnt in Szene zu setzen. Insofern wurde das Spiel der Gastgeber nicht ganz so linkslastig wie noch im ersten Duell. So kam auch Lens am rechten Flügel besser in Szene.

Nach zwanzig, dreißig Minuten hatte sich die PSV auf ihren Gegner aber eingestellt und ließ den Ball mit ein, zwei Kontakten in den eigenen Reihe kreisen. So waren die Rieder gut bedient, dass es zur Pause noch torlos stand, wurde Toivonens Treffer (zu Recht) aberkannt und rettete bei Lens’ Schuss nur der Querbalken die Rieder vor dem Rückstand. Nach dem Wechsel zeigten die Niederländer ihre Klasse und zogen das Tempo mit Fortdauer der Begegnung mehr und mehr an. Toivonens Führungstreffer nach 53 Minuten wäre aber noch zu egalisieren gewesen.

Spielentscheidend war leider ein Patzer von Torwart Gebauer, der bei einem Steilpass am Flügel unnötigerweise seinen Kasten verließ. Lens legt den Ball am Deutschen geschickt vorbei und zirkelte das Leder von der Cornerfahne mit dem Außenrist ins Tor. Danach zeigte die Rieder Mannschaft zu Recht Auflösungserscheinungen. Zwar animierte Orf-Kommentator Michael Roscher, dass eine Wende vielleicht noch möglich sei, „immerhin lag man in Kopenhagen ja auch bereits 0:4 zurück“. Dass PSV aber mindestens zwei Klassen über Bröndby anzusiedeln ist, war nur das eine. Wie oft solche Aufholjagden in der Realität stattfinden, wissen alle die ihre praktischen Erfahrungen nicht nur auf der Play Stationen gemacht haben. Schließlich setzte die PSV ihr technisch ansehnliches „Ein-, Zweimal berühren“ fort. So erzielte der quirlige Wijnaldum nach einem übersichtlichen Pass in den Rückraum das 3:0. Labyad besorgte nur Minuten später mit seiner feinen Schusstechnik das Vierte.

Taktisch und mental strotzte die Rieder Elf immerhin drei von vier Halbzeiten ihren scheinbar überirdisch niederländischen Konkurrenten. Gen Ende hin verdeutlichte die PSV aber den eklatanten Klassenunterschied, der sich vor allem in der technischen Behandlung des Balles wieder spiegelte. Dies erlaubte den Gastgebern vermehrt Eins-gegen-Eins-Situationen zu suchen und diese auch für sich zu entscheiden. Die anschließend frei werdenden Räume wussten die Niederländern auch auf Grund ihrer besser geschulten taktischen Fertigkeiten gekonnt für sich zu nutzen.

Ein Fußballer hat genug vom Fußballgeschäft

Javi Poves braucht nicht mehr zu streiken. Während seine spanischen Fußballerkollegen derzeit um die Auszahlung ausstehender Gehälter kämpfen, ist Poves einen Schritt weiter. Der 24-jährige Profi, der es vergangene Saison auf einen Einsatz in der ersten Liga brachte, lehnt das gesamte System ab und hat deshalb seine Karriere beendet. „Fußball ist in Wirklichkeit eine Metapher für unsere derzeitige Welt. Alles beruht auf einer großen Täuschung“, sagt er. „Fußball soll nur die Menschen von der Realität ablenken“, führt Poves aus. „Es gibt im Fußball sehr viel Korruption, wie in jedem Sektor, in dem es um Geld geht.“ Poves will seine Entscheidung nicht als politisches Statement verstanden wissen. Eltern würden ihren Kindern falsche Ideale mitgeben, ist er überzeugt. „Jeder will heute ein Cristiano oder Messi sein“, erklärt er. Kinder würden dadurch zum Egoismus und Materialismus erzogen. Das sei aber nicht die Schuld der Spieler, sondern des Bildungssystems. Poves will nun Geschichte und Geografie studieren und Libyen, Syrien und den Iran bereisen.

Quelle: Wiener Zeitung von Samstag, 20. August 2011; Seite 3



Javier „Javi“ Poves Gómez wurde am 28. September 1986 in Madrid geboren. Der ehemalige Verteidiger lernte das Kicken im Nachwuchs von Atlético Madrid. Nach Stationen beim Madrider Vorstadtverein Rayo Vallecano und Ausleihphasen bei den unterklassigen La Roza de Madrid und Navalcarnero, wechselte Poves im Sommer 2008 schließlich zu Sporting Gijon, dem Klub von Ex-Rapidler Mate Bilic. Nach zwei Jahren und 63 Einsätzen in der Reserve feierte der Verteidiger am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison beim 0:0 im Auswärtsspiel gegen Hercules Alicante sein Debüt in der Kampfmannschaft. Am 19. Juli 2011 löste Javi Poves seinen Vertrag mit Sporting Gijon vorzeitig auf.

Dienstag, 23. August 2011

Ein Fehler wie damals

Zumindest taktisch waren die Aufstellungen von Peter Schöttel erklärlicher als noch letzte Saison unter Trainer Pacult. Mit dem 4-2-3-1 liegt man im internationalen Trend. Wenn allerdings das nötige Spielermaterial nicht zur Verfügung steht, ist es dennoch nicht zielführend, über diesen Weg den Erfolg zu suchen. Denn ganz maßgeblich dafür sind kreative Offensivspieler, laufstarke Flügelspieler und ein nahezu kompletter Stürmer.

Dennoch war es verwunderlich, dass Schöttel ausgerechnet im Derby in Pacultsche Schemata verfiel und ein 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeldspielern aufbot. Denn nicht nur, dass für die zwei Zerstörer - welche Pichler und Kulovits offensichtlich sein sollten, denn spielerische Zungenschnalzer wird man von beiden auch in Zukunft eher keine erwarten - ein kreativer, zentraler Mittelfeldspieler geopfert und damit das Offensivspiel regelrecht verstümmelt wird, halte ich es nach persönlichem Ermessen grundsätzlich für unnötig bei nationalen Bewerbsspielen, trotz einer Viererkette zwei defensive Mittelfeldspieler aufzubieten. Denn mit den vier Männern im Abwehrverbund und dem standardisierten Sechser, stünden sowieso fünf Mann in der defensiven Grundordnung zur Verfügung. Insofern hätte Rapid am Sonntag defensiv gegen das violette Quartett Jun-Junuzovic-Barazite-Linz immer noch mit einem Mann in Überzahl agieren können.

Dass schon im Frühjahr unter Pacult das Angriffsspiel extrem darunter gelitten hatte, ohne offensiven Mittelfeldspieler im Zentrum auskommen zu müssen, hätte Schöttel, den ich taktisch versierter einschätze als Pacult, wissen können. Zwar ist Nuhiu, verglichen mit seinem Sturmkollegen von Sonntag, ein viel arbeitender Stürmer, für die entscheidenden Akzente im Kreativspiel kann er mangels technischer Fertigkeiten aber sicherlich nicht sorgen. Die Nichtberücksichtigung von Hamdi Salihi wirbelt natürlich ebenfalls einiges an Staub auf, ist der Albaner doch mit Abstand Rapids effektivster Stürmer und genießt auch bei den Fans keinen schlechten Stand.

Eine weitere verwunderliche Personalentscheidung, war die Aufstellung von Harald Pichler als eben zusätzlicher Sechser und die Nichtberücksichtigung des finnischen Nationalspieler Markus Heikkinen. Der ehemalige Innsbrucker Pichler spielte bis dato eine schnörkellose Saison im Abwehrzentrum und ist meiner Meinung bereits zum heimlichen Chef in der Abwehr aufgestiegen. Dementsprechend irreführend war es für mich, ausgerechnet diesen Ruhepol aus dem Abwehrverbund herauszureißen und Mario Sonnleitner an seine Position zu setzen.

Stellungsfehler und zu lasches Zweikampfverhalten waren unterm Strich die Übel für alle drei Gegentore. Bereits beim Lattenschuss der Veilchen steht Pichler katastrophal falsch, weil er bei einem gegnerischen Einwurf vor seinem Gegenspieler steht. In der Folge attackiert Schrammel zu lasch, dem allerdings noch am wenigstens anzukreiden ist, da sein Gegenspieler technisch fein mit einem Kontakt den Ball weiterleitet; und auch Somas Stellungsspiel sieht alles andere als makellos aus.


Auffällig ist, dass die Führung für die Austria ebenfalls nach einem Einwurf zu Stande kommt. Schimpelsberger reagiert zu langsam als Jun dynamisch dem Ball entgegen geht, Pichler lässt seinen Gegenspieler Junuzovic ziehen, Sonnleitner muss deswegen aus dem Zentrum nach außen rücken um Junuzovic zu attackieren. Danach ist gut erkennbar, dass Pichler zwei Sekunden Zeit hätte den freien Jun zu decken, für den nun er anstelle von Sonnleitner zuständig wäre. Und auch Schimpelsberger müsste sich nach Juns Abspiel rascher zurückorientieren, bleibt aber an der Stelle stehen. Pichler orientiert sich unverständlicherweise nach vorne und blickt nicht einmal Richtung eigenes Tor, obwohl die Balllinie hinter ihm ist. Dass Torschütze Barazite schließlich frei steht, ist die Konsequenz, dass die komplette Abwehr weiter nach rechts außen verschieben musste.

Nach der Pause sollte Drazan als dritter offensiver Mittelfeldspieler für mehr Schwung nach vorne sorgen. Die Austria machte aber indes die Tore. Auch beim zweiten Gegentreffer agierte die Rapid-Abwehr alles andere als überzeugend. Barazite kann beinahe die ganze Flanke entlanglaufen, ohne dass Pichler konsequent dazwischen grätscht. Mit einem Foul im Halbfeld hätte Rapid die Lage vorerst gebannt und ausreichend Zeit gehabt, weitere Spieler hinter den Ball zu bekommen. Der KOnter lief aber weiter. Schließlich agiert auch Linksverteidiger Schrammel zögerlich und tackelt erst an der Grundlinie, dies zu verlegen. Spätestens nach dem Stanglpass in den Rückraum muss Rapid nun den Ball gewinnen oder zumindest die Situation klären. Linz kann seinen Gegenspieler Sonnleitner aber abschütteln, zumal sich Linz geschickt in den Rückraum fallen lässt, zum anderen weil Sonnleitner spekulativ reagiert und sich wie Soma neben ihm zum Ball orientiert. Genau dieser Schritt in die falsche Richtung bringt Linz den entscheidenden Platzvorteil. Hofmann attackiert zu forsch und erwischt weder den Ball noch Linz. Nun hätte Rapid - mit 6 gegen 4 in Überzahl - die Gefahr bändigen müssen. Dass Junuzovic freisteht, ist die logische Konsequenz des Verschiebens, aber erneut die Schuld des inkonsequenten Zweikampfverhaltens oder falschen Stellungsspiels.

Beim 0:3 noch einmal. Pichler attackiert Junuzovic zu zögerlich. Der überläuft seinen Gegenspieler genau in dem Moment als er den Schritt nach vorne setzt. Pichler hat nun die Möglichkeiten gegen Junuzovic Foul zu spielen oder schnell genug zu reagieren und mit seinem Gegenspieler mitzulaufen. Von der Körpersprache, denke ich, wollte er Foul spielen, spontan sich allerdings doch um entschieden hatte. Wenn Junuzovic in der Folge so viel Platz in höchstem Tempo hat, ist er dann nur noch ganz schwer zu verteidigen. Der Pass von Jun kommt perfekt in die Nahtstelle, der Abschluss von Linz Formsache. Der alles entscheidende Zweikampf Pichler-Junuzovic entschied der Austrianer für sich. Das Tor war in der Folge kaum mehr zu verhindern.

Im Nachhinein betrachtet, hat die Umstellung auf das defensive 4-4-2 das Spiel entschieden. Der grundsätzlich stabilen Abwehr, welche in den ersten vier Partien nur ein Gegentor hinnehmen musste und ein jedes Mal Harald Pichler als Bestandteil der Innenverteidigung hatte, wurde ihr heimlicher Organisator entzogen. Hinzu kommt, dass Pichler im Mittelfeld dem routinierten Heikkinen vorgezogen wurde. In der Rolle des defensiven Mittelfeldspielers wirkte der Ex-Tiroler mehr als überfordert. Eine weitere negative Konsequenz war die mangelnde Kreativität im Spiel nach vorne. Dass mit zwei Sturmspitzen agiert wurde, war ein nettes Signal. Wenn aus dem Mittelfeld allerdings nichts nachkommt sind auch zwei Spitzen ziemlich ineffektiv. Mit dem Mythos „viele Stürmer ist gleich offensiv“ will doch bitteschön mal wer aufräumen. Und dabei den Harald Pichler vielleicht wieder ins Abwehrzentrum zurückstecken. Dort spielte der Junge bislang eine hervorragende Saison.

Samstag, 20. August 2011

Vor dem Derby ist nach dem Platzsturm

Ganz pfui war dieser Platzsturm. Zumindest wenn man dem Großteil der Medien Glauben schenken mag. Die mediale Debatte - in der eigentlich eh nur der einen Seite Gehör verliehen wird, der anderen aber höchstens abfällig Zeilen gewidmet werden - ist allerdings eine scheinheilige. Denn exakt neunzig Tage nach Geschehenem schert sich jener Teil der Bevölkerung, der nichts mit Fußball am Hut hat, genau gar nicht mehr darum. Die Menschen haben erkannt, dass es - zumindest für sie - wichtigeres im Leben als den „Hassgriechen“ gibt. Und vielleicht hat der ein oder andere ja sogar den populistischen Senf vom „Bürgerkrieg“ sinngemäß hinterfragt, in Zeiten in denen in Libyen oder Syrien tatsächlich ein solcher tobt.

Die grün-weiße Fanszene muss dennoch mit den Konsequenzen leben, die die reißerische Berichterstattung verursacht haben. Denn entgegen der Stellungnahme des Polizeieinsatzleiters vom Derby, Oberst Fritz Schwartz, („Wir werden nicht darauf drängen, dass jedes Match zwischen Rapid und Austria im Happel-Stadion gespielt wird. Das Hanappi-Stadion ist grundsätzlich ein sicheres Stadion. Es kommt eben darauf an, wie sich die Fans verhalten“) wird das erste Derby seit dem Platzsturm, morgen trotzdem im Prater stattfinden. Das Sicherheits-Argument kann dem zu Folge erneut als manipulativer Populismus entlarvt werden. Einfacher Hausverstand hätte dies aber genauso getan, bedarf es denn keines großen Aufwandes in den Innenbereich des Happel-Stadions zugelangen. Immerhin schafften dies tausende zur Meisterfeier 2005 ja auch.

Im Gegenteil sollte für ein Derby im Praterstadion ein höheres Sicherheitsrisiko gelten als im Hanappi-Stadion, oder aber auch im Horr-Stadion. Denn dort können die rivalisierenden Fanmassen zumindest getrennt werden. Im weitläufigen Praterareal wird dies wohl nur schwer möglich sein. Einmal davon abgesehen, dass die grün-weiße Fanszene auf Grund der harschen Repression morgen wohl eh keinen Bock auf größere gröbere Auseinandersetzung haben wird, ist das Gerede von „Sicherheit“ warme Dampfplauderei.

Ein letztes Indiz dafür stammt in Zitatform von Präsident Edlinger persönlich. Im heutigen Kurier meint er: „Wo dann [Anm.: nächste Saison] die Derbys stattfinden werden, ist noch nicht entschieden.“ Insofern könnte dem Präsidenten rein finanzielles Kalkül unterstellt werden, um die entgangenen Einnahmen wegen des Geisterspiels doch zu lukrieren. Oder das „grundsätzlich sichere Stadion“ ist nächste Saison noch sicherer…

Freitag, 19. August 2011

Frechheit siegt

Die Niederländer waren in der Favoritenrolle. Eigentlich wie immer wenn Niederländer gegen Österreicher kicken. Dass sich der ehemalige Europacupsieger bis auf die ersten dreißig Minuten gegen die Provinzmannschaft aus Ried aber sichtlich schwer tat, hatte mehrere Gründe.

Die Werkself trat im typisch niederländischen 4-3-3 an, während Paul Gludovatz auch im Europacup auf sein unorthodoxes 3-3-3-1-System setzte. Die Rieder agierten im ersten Durchgang aber sehr verhalten. Die drei Abwehrspieler Reifeltshammer, Riegler und Karner waren vorwiegend im Abwehrzentrum zu finden, während die nominellen Defensivmittelfeldspieler Hinum, rechts, und Ziegl, links, die Flanken sicherten. So war jedenfalls die defensive Grundordnung. Auch die offensiven Flügelspieler Royer und im Besonderen Lexa übernahmen Abwehraufgaben. Hadzic, der für den spontan zur Austria transferierten Mader ins Zentrum des Spielfeldes rückte, blieb im ersten Durchgang offensiv blass. Genauso war von Nacho in der Vorwärtsbewegung kaum etwas zu sehen. Wenn es für die PSV gefährlich wurde, dann durch Royer, der ein ums andere Mal auf der linken Seite gegen den Bulgaren Manolev durchbrach und drei, vier Schüsse auf das Tor des schwedischen Keeperes Isaksson abgab. Der Jungnationalspieler war mit Abstand der Aktivste im Offensivspiel der Wikinger. Im Konter ging es für die Gastgeber überwiegend über die andere Seite. Lexas meist langen Bälle fanden aber nur selten den Weg zu Solospitze Hammerer, der sich bei den Lackeln Marcelo und Bouma stets gut aufgehoben fand.

Dass Rieds Spiel hauptsächlich über die Flügel gefährlich wurde, hatte den simplen Grund, dass die Niederländer im Zentrum mit Wijnaldum, Stoorman und Ojo gegen Nacho und Hadzic in Überzahl agierten. Zudem ließ sich Mittelstürmer Toivonen oftmals in die Tiefe fallen und mimte Innenverteidiger Marcelo einen initiativen „freien Mann“ - eine Besonderheit im niederländischen Fußball. Der „freie Mann“ ist einer der beiden Innenverteidiger und vergleichbar mit der ehemaligen Position des Liberos. Er schaltet sich genauso ins Offensivspiel ein und geht bei Angriffen mit, ähnlich wie Inters Lucio. Der „freie Mann“ lässt sich allerdings genauso auch hinter die Verteidigungslinie fallen und mimt den letzten Mann. Bei der Spieleröffnung war dies des Öfteren zu bemerken, passte Torwart Isaksson den Ball hauptsächlich auf Marcelo, der den Ball weiter verteilte.

Im weiteren Spielaufbau war klar zu erkennen, dass die PSV sehr linkslastig agierte. Zwar hatte man mit Lens einen ambitionierten Techniker am rechten Flügel, doch absolvierte Manolev als Rechtsverteidiger seinen Part nicht annähernd überzeugend wie sein linkes Pendant Pieters. Hierfür mag zu einem gewissen Teil bestimmt der quirlige Royer der Grund sein. Zudem kommt aber erneut die Bedeutung von Marcelo als „freier Mann“ zu tragen. Bei Ballverlust hatte Pieters nämlich immer noch Bouma, den linken Innenverteidiger, als Versicherung hinter sich. Hätte jedoch Manolev in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren, wäre Marcelo nicht zur Stelle gewesen, da er sich ja, im Sinne des „freien Mannes“, bereits ebenfalls in das Offensivspiel eingeschalten hätte. Bouma hätte als letzter Mann noch einschreiten können, hätte jedoch den längeren Weg nach rechts außen rücken müssen.

Anfangs waren die Rieder mit dem Sturmlauf über ihre rechte Seite etwas überfordert, stellten sich mit Fortdauer der Partie aber gekonnt auf den agilen Mertens und das rotierende Mittelfeld ein. Die Spielvereinigung stand mit einer fast flachen Fünferkette aber phasenweise sehr tief und ließ die Niederländer bis ins eigene Drittel vorstoßen.

Im zweiten Durchgang ließ Paul Gludovatz seine Elf mutiger nach vorne werken. Die Initialzündung war wohl der verletzungsbedingte Wechsel Casanova für Hammerer. Das Pressing der Rieder begann nun schon knapp in der Spielhälfte der Niederländer. Dabei wurde versucht die PSV im Spielaufbau, der nach wie vor überwiegend über links initiiert wurde, früh zu stören. Casanova wurde dabei meist von Lexa unterstützt. Dahinter machte der immer besser ins Spiel findende Nacho den Raum für die Niederländer weiter eng und Anspielstationen rar. Royer wirkte indes nach der ersten intensiven Hälfte immer müder. Die Philips-Elf hatte mit der forscheren Gangart der Österreicher wohl nicht gerechnet. Zumal nun mit Mertens auch der Aktivposten des Einhoveners Angriffspiels verletzungsbedingt vom Platz musste. Es schien bereits nach einer Stunde, dass Ried diese harte Nuss knacken konnte. Die niederländische Kreativabteilung kam schlicht nicht in die Gänge, weil die 9,5-Millionen-Euro-Neuzugänge Wijnaldum, Strootman und Ojo bei den Riedern gut aufgehoben waren und auch die Flanken für die Flügelspieler zugestellt waren. Der Schlüssel im zweiten Durchgang lag aber garantiert im saloppen Pressing der Hausherren, wodurch man Offensivbemühungen der Außendecker schon im Keim ersticken konnte oder bei Ballgewinn eben massig Raum für Konterattacken vorfand.

Für das Rückspiel in sechs Tagen haben die Rieder zwar keine ausgezeichnete Ausgangsposition, aber immerhin besteht eine realistische Chance um den Aufstieg in die Gruppenphase. Unliebsame Überraschungen sollten auf die Wikinger im Philips-Stadion keine mehr lauern, schickte Trainer Fred Rutten gestern seine bestmögliche Elf auf den Platz. Dies zeigt sehr wohl, dass die Niederländer ihre Gegner keineswegs unterschätzen. Eventuell könnten noch die Mittelfeldspieler Hutchinson oder Engelaar den Unterschied machen. Wichtig wird es jedenfalls sein, so lange wie möglich die Null zu halten. Wie die Abwehr bei einem Gegentor bröckelt, konnte man ja bereits in Kopenhagen sehen. Insofern heißt es auch nach einem Gegentreffer die Fassung zu bewahren. Ein zweites Mal wie gegen Bröndby wird ein Hop-oder-Drop wohl nicht funktionieren. Mit Fortdauer eines Remis dürfen die Rieder ihr Heil aber erneut im Konter suchen und vor allem wieder pressen was das Zeug hält. Besonders Bouma in der Innenverteidigung offenbarte im Hinspiel technische Defizite, die man sich zu Nutze machen sollte.

Samstag, 13. August 2011

Sängerknaben in Kurvenlage #3: SK Rapid Wien

Eine kleine Reportage zum Thema „Randale vor der Zeit von Pyrotechnik“. Knappe Erläuterungen wie solche „Randale“ zu Stande kamen - und vielleicht immer noch kommen. Zusatzinformationen für Heimwerker: Wie viel kostet eine Eisenkette und wo bekomme ich eine? Und: Wie schminke ich mich richtig und was muss ich dabei beachten?





Freitag, 12. August 2011

tracklist #7: Bob Marley - Burnin' and Lootin'

Aus gegebenen Anlass. Jusqu'ici tous va bien...

Fußballklubs borgen sich Geld bei den Fans

Eine wachsende Zahl von Bundesligavereinen setzt bei der Finanzierung auf Anleihen. Sie nutzen damit die Chance, sich frisches Kapital zu günstigen Konditionen zu besorgen. Nach Ansicht von Experten sind die Renditen für Anleger angesichts hoher Risiken vergleichsweise gering.

Thomas Mersch Köln Den Saisonstart hat Arminia Bielefeld verpatzt. Mit nur einem Punkt liegt der ostwestfälische Traditionsklub nach drei Spielen auf Rang 17 der dritten Liga. Im DFB-Pokal sind die Bielefelder Kicker in der ersten Runde gescheitert. Auch finanziell ist die Lage angespannt. Die Lizenz für die aktuelle Saison erhielt der Zweitligaabsteiger nur unter der Bedingung, dass die laufende Liquidität nicht durch eine im September fällige Anleihe in Höhe von 2,9 Millionen Euro belastet wird.

Das möchte Arminia mit einer weiteren Anleihe sicherstellen, die seit Mitte Juli gezeichnet werden kann. Der Klub will möglichst viele Altzeichner dazu bewegen, ihr Kapital direkt in die neue Anleihe zu investieren. „Unser Ziel ist, die reine Rückzahlung so niedrig wie möglich zu halten“, sagt Klubsprecher Marcus Uhlig. Parallel hofft Bielefeld auf neue Anleger. Genaue Angaben zur aktuellen Zahl der Unterstützer macht Uhlig nicht. „Wir erfahren guten Zuspruch“, sagt er, „brauchen aber noch mehr Leute.“

Keine Sicherheiten erforderlich.

Auf der Suche nach Alternativen zum Bankkredit setzen Fußballklubs verstärkt auf Anleihen - vor allem Fans sollen investieren. Mit Hertha BSC, Schalke 04, dem 1.FC Nürnberg und dem 1. FC Köln haben vier aktuelle Erstligisten auf diese Weise Kapital eingesammelt - ebenso die Zweitligisten Alemannia Aachen, 1860 München und Hansa Rostock sowie Drittligist Bielefeld. „Fußballanleihen stellen für Klubs eine durchaus sinnvolle Finanzierungsalternative dar“, sagt Karlheinz Küting, Direktor des Centrums für Bilanzierung und Prüfung an der Universität des Saarlands. „Insbesondere in finanziell schwierigen Zeiten können zusätzliche liquide Mittel zu einem vergleichsweise niedrigen Zinssatz beschafft werden.“

Vorzüge für Vereine erkennt auch Fabian Kirchmann, Vorstand der auf Finanzkommunikation spezialisierten Firma IR.on in Köln. "Die Zielgruppe ist klar adressierbar und es sind keine Sicherheiten erforderlich", sagt Kirchmann, der mehrere Anleihen von Mittelständlern begleitet hat. „Bei der Platzierung gab es überwiegend eine hohe Erfolgsquote.“ Nur zwei der von Kirchmann analysierten Anleihen deutscher Klubs blieben deutlich unter den angepeilten Erlösen: Hertha BSC spielte in diesem Jahr statt der erhofften sechs nur 3,5 Millionen Euro ein. Aachen schaffte 2008 statt fünf nur 4,2 Millionen Euro. 1860 München bildet einen Sonderfall - der Klub stoppte laut IR.on letztes Jahr die Zeichnung einer Anleihe nach einem Wechsel in der Geschäftsführung.

Schalke schafft höchste Erlöse.

Die höchsten Einnahmen mit einer Fußballanleihe erzielte 2010 der FC Schalke 04. Das Zielvolumen lag bei zehn Millionen, tatsächlich warb der Revierklub elf Millionen Euro ein. „Die Erlöse nutzen wir, um Verbindlichkeiten umzufinanzieren“, sagt Geschäftsführer Peter Peters. 5,5 Prozent Zinsen bekommen Anleger jährlich.

Ende vergangenen Jahres lagen die Verbindlichkeiten des gesamten Vereins bei mehr als 200 Millionen Euro. Diese Marke will das Schalke-Management noch in diesem Jahr unterschreiten und die Schulden bis 2025 ganz tilgen. „Es ist sicher nicht das optimale Anleiheumfeld“, sagt Peters - er hält die Ausfallrisiken aber für kalkulierbar: „Schalke 04 wird immer ein Klub sein, der existiert und Fußball spielt.“ Die Anleger handeln seiner Ansicht nach nicht nur aus Treue zum Verein: „Viele bewerten das Verhältnis von Zins und Risiko ganz rational.“

Zwar sei noch keine Fußballanleihe ausgefallen, sagt Kirchmann. „Im Fall von Alemannia Aachen ist aber die Stadt eingesprungen, als der Klub Gefahr lief, seine Anleihe nicht bedienen zu können.“ Er weist auf beträchtliche Risiken für Anleger hin: „Fußballanleihen sind in der Regel nicht besichert. Bei Insolvenz droht ein Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals.“

Begrenzt konkurrenzfähig.

Die Zinsen von fünf bis sieben Prozent hält Kirchmann deshalb für zu niedrig. „Hätten die Anleihen wie üblich ein Rating, wären sie allesamt Junk-Bonds. Sie müssten normalerweise einen Kupon von über zehn Prozent bieten, um das Risiko zu rechtfertigen.“ Für Mittelstandsanleihen hat er einen typischen Zins von sechs bis neun Prozent ermittelt. Im Hinblick auf allein renditeorientierte Anleger sei die Konkurrenzfähigkeit von Fußballanleihen gering. „Die Emissionen dienen eher der Sanierung der Finanzen mit Hilfe der eigenen Anhängerschaft“, urteilt Kirchmann.

Als eine Ursache für die hohen Risiken nennt er „mögliche Schwankungen bei Umsatz und Erträgen, die stark vom sportlichen Erfolg abhängen“. Entscheidend sei etwa, ob ein internationaler Wettbewerb erreicht werde. „Das lässt sich nicht mit Sicherheit planen.“

Vor sechs Jahren hat auch der 1.FC Köln eine Anleihe begeben und konnte damit die erhofften fünf Millionen Euro einspielen. Der Erlös sei in Transfers, Nachwuchsarbeit und Infrastruktur geflossen, sagt FC-Geschäftsführer Oliver Leki. „Für uns war wichtig, ein Finanzierungsinstrument zu finden, das Alternativen zum Bankkredit bietet.“ Im August wurde die Anleihe fällig. 80 Prozent der Papiere befanden sich laut Leki in Depots von Anlegern - das Geld sei zurücküberwiesen worden. „Derzeit ist keine Neuauflage geplant“, sagt Leki. Falls es künftig Liquiditätsbedarf für ein Projekt gebe, „werden wir darüber nachdenken“.

Fraglich ist nun, wie viele der Erwerber von Schmuckurkunden auf die Rückzahlung verzichten und das Papier lieber als Erinnerungsstück unversehrt samt Zinskupons behalten. Das Geld bekäme der FC dann praktisch geschenkt.


Quelle: Handelsblatt von Donnerstag, 11. August 2011; Seite 50

Donnerstag, 11. August 2011

Überbewertetes

Hätte. Wenn. Pech. Typisch österreichische Begriffe, wenn (da haben wir’s schon wieder) es um Fußball geht. Allen voran um die Nationalmannschaft. Immer wieder gibt es zwar Ausreißer nach oben, die Ergebnisse spielen aber leider nur selten mit. Die Heimniederlage gegen die Deutschen das letzte Beispiel. Wem das Pech aber über solch eine lange Strecke hold ist, der muss zu einem gewissen Teil auch selbst dafür verantwortlich sein. Zehn Jahre sind nämlich kein Bämmerl. Und wenn ich mir die Teamchefs der vergangenen Dekade so ins Gedächtnis rufe - ich möchte ja jetzt niemanden etwas unterstellen, aber - dürften sie mit dem aktuellen zumindest eines gemeinsam haben: „Taktik ist überbewertet“. Vielleicht sehen sie es nicht ganz so drastisch, wie es Teamchef Constantini auf den Punkt brachte, zu den Taktikfüchse zählen Krankl und Hickersberger aber auch nicht gerade. Und Brückner, der am ehesten noch als solcher kategorisiert werden könnte, erweckte in seiner Egide mehr den Eindruck eines ausgediegenen Trainers, der den verdienten Ruhestand zumindest mit einem pralleren Börserl antreten möchte.

Das gestern Gebotene war spielerisch ein Schritt in die richtige Richtung, taktische Fortschritte waren aber kaum zu erkennen. Bayerns Alaba und Stuttgarts Harnik mit Abstand die besten auf dem Feld, bei einer insgesamt aber mauen Mannschaftsleistung auch nicht gerade schwierig. Der Spielaufbau wirkte zwar behebig, die Slowaken attackierten aber phasenweise noch in der gegnerischen Hälfte. Insofern vollbrachte die nicht gerade von technischer Eleganz strotzende österreichische Innenverteidigung einen guten Job; dass Dragovic beim 0:1 den entscheidenden Kopfball verlor, war unglücklich, und dass bei selbiger Ecke am langen Pfosten niemand absichert, taktische Vorgabe. Ein Risiko, das bewusst eingegangen wird um im Zentrum Überzahl herzustellen.

Die Berücksichtigung von Kulovits erscheint mir nach wie vor unverständlich. Zwar spielte der Rapidler einen guten Part, technisch limitiert ist er nach wie vor - und wird dies wohl auch bleiben. Und weil Hamsik sowieso mehr auf den Flügel auswich, opferte Constantini von Anpfiff weg einen zusätzlichen Akteur für den Spielaufbau. Baumgartlinger, als zweiter Rückraumspieler, mit eher offensiven Vorgaben bedacht, schaltete sich dementsprechend öfter in das Angriffsspiel mit ein, blieb aber auch zunehmend blass.

Die Flügelzange Alaba-Harnik versprach viel und hielt dies durch zahlreiche Einzelaktionen auch. Ergänzend dazu sollte der Austrianer Junuzovic für zusätzliche Kreativität sorgen. Es kam aber alles anders. Denn Junuzovic wurde von den beiden Deutschlandlegionären durch deren Sturmläufe ins Zentrum buchstäblich der Raum genommen. Insofern blieb wenig Platz für den Edelzangler sich zu entfalten. Besonders Harnik war öfter woanders als auf seinem vorgegebenen rechten Flügel zu finden. Was sich auch wiederum auf den einzigen Stürmer, Janko, negativ auswirkte. In der Schlussphase war gut ersichtlich, dass das Spiel des Angreifers von den hohen Bällen lebt. Weil Harnik und Alaba von den Flügeln aber immer öfter ins Zentrum wechselten und die gestern in der Offensive selten präsenten Außenverteidiger Klein und Fuchs kaum brauchbare Flanken in den Strafraum beförderten, trat der Hollandlegionär nur selten in Erscheinung.

Fast schon praradox, dass ausgerechnet der kleine Hoffer nach einer Flanke das einzige Tor des Abends per Kopf erzielte. Mit Royer links und Hoffer als Außenstürmer rechts kam wesentlich mehr Schwung von den Seiten. Der sowieso im Zentrum agierende Harnik wurde gen Spielende dorthin verfrachtet und Alabas Kreativspiel kam auch aus der Tiefe nicht schlecht zur Geltung, wenn auch nicht ganz so überragend wie zuvor.

Abschließend bleibt noch zu kritisieren, dass der gestrige Gegner mit einem forscheren Pressing noch eher in die Bredoullie hätte gebracht werden können, aber auch mehr Kaltschnäutzigkeit im Abschluss den Erfolg schon im ersten Durchgang gesichert hätte.

Freitag, 5. August 2011

Good morning, Colombia!

Man soll ja bekanntlich niemals nie sagen, um viertel fünf Uhr morgens bei einem Stand von 0:2, ich korrigiere eben das 0:3, darf man(n) sehr wohl gewisses Wörtchen in den Mund nehmen. Nach 240 gespielten Minuten im Backofen von Kolumbien ohne Torerfolg, darf über das Ausscheiden unserer U20-Nationale nicht lamentiert werden. War es gegen Panama noch die fehlende Effizienz im Torabschluss und gegen Brasilien einfach Brasilien, darf mit Fug und Recht behauptet werden: Ägypten war einfach besser. Nicht nur, dass die Afrikaner weit aus bessere technische Fähigkeiten zeigten, waren die Pharaonen auch taktisch besser eingestellt als müde wirkende Österreicher. Dass der halbe, ja eigentliche ganze, Kader dieser Tage an Montezumas Rache leidet oder litt und der ein oder andere auch wegen des Fiebers nicht einsatzbereit war, soll keine Ausrede, aber zumindest eine Erklärung sein. Der zusätzliche Ausfall von Marco Djuricin sicher auch nicht förderlich. Die taktische Einstellung im heutigen Spiel gegen Ägypten aber auf gar keinen Fall. Der Querpass der Innenverteidigung Schimpelsberger-Rotpuller und retour verdetutlicht den ideenarmen Spielaufbau. Das Mittelfeld wurde vom weiteren Spielaufbau größten Teils ausgeschlossen. Die Verteidigung zog es vor meist den langen, spekulativen Pass in die gegnerische Hälfte zu spielen. Dort waren körperlich robustere Afrikaner im Zweikampf aber meist überlegen. Dass das 0:1 so fiel wie es fiel, war natürlich unglücklich, aber verdient. Klems Distanzschuss wenige Momente vor dem Pausenpfiff und zahlreiche Eckstöße sollten unsere Elf dennoch nicht wachrütteln. Im zweiten Durchgang wurde versucht kürzer und mehr in die Vertikale zu spielen, Torwart Radlinger setzte den allerletzten Hoffnungen auf einen dritten Platz, der bei diesem Turnier ab einer gewissen Leistung doch zum Aufstieg berechtigt, aber ein jehes Ende. Die Körpersprache signalisierte aber bereits vor diesem zweiten Gegentreffer, dass die Mannschaft an einen Aufstieg nicht mehr glaubte, das tat sie ja eigentlich schon seit der zweiten Spielminute als man, im nachhinein kann man’s so sagen, den Matchball liegen ließ. Diese Eindrücke manifestierten sich beim Umschalten nach Balleroberungen sowie im lachsen Zweikampfverhalten. Und während Mohamed Ibrahim mit seinem dritten Treffer das 0:4 fixiert und Österreich torlos Kolumbien verlassen wird - darauf lege ich mich fünf Minuten vor Spielschluss fest -, koche ich mir meinen dritten Espresso und mache mich auf den Weg in die Arbeit.

Donnerstag, 4. August 2011

Euros statt Medizinbälle

Dass stupides Rundenrennen in der Vorbereitung einer altmodischen Trainingsphilosophie angehört, sollte sich dank fortschrittlicher Sportwissenschaft mehr und mehr auch im Pöbel des Fußballs herumgesprochen haben. Zwar gibt es immer noch den ein oder anderen Schleifer unter den Trainern, der Trend in der Vorbereitungsplanung - zumindest für die Topteams des Kontinents - orientiert sich aber dennoch ein wenig an der Vergangenheit. Dies hat aber rein kommerzielle Aspekte. Wie schon in früheren Jahren wagen die Teams wieder den Sprung über den Teich nach Amerika oder noch weiter weg um sich für die beginnende Saison vorzubereiten. Während vor fünfzig, sechzig Jahren aber noch Sao Paulo, Montevideo oder Buenos Aires die Destinationen hießen, um seinen Kickern andere Arten und Wege als den langen Pass näher zu bringen, bestimmt in den heutigen Zeiten eher die Marketingabteilung wo es hingehen wird. Dabei gibt es eigentlich nur zwei wirkliche „Traumziele“: Entweder die finanzkräftigen Vereinigten Staaten erobern, oder den Markt in Ostasien, mit seinen fanatisch anmutenden, kreischenden Menschenmengen. Insofern wenig verwunderlich, wenn Arsenal nach gefühlten siebenundzwanzig Saisonvorbereitungen hintereinander in Bad Waltersdorf, heuer sagt, dass man es sich nicht mehr leisten könne, Zusatzeinnahmen aus Tourneen nach Thailand oder Malaysia auszulassen.

Die Ziele der „Vereine“ wechseln immer mehr. Lag bislang der Fokus darauf, mit Geld Sport zu machen, verändern sich die Denkweisen zu unternehmerischen Grundgedanken mit Sport Geld zu verdienen. Einer sinnvollen Vorbereitung entspricht der Plan von Real Madrid freilich nicht. Eine Woche an der US-Westküste mit zwei Freundschaftsspielen gegen LA Galaxy und Mexikos prominentestem Team Chivas Guadalajara. Noch in derselben Woche ging es viertausend Kilometer östlich zu einem Gagspiel nach Philadelphia. Drei Tage später testeten die Galaktischen, die eine ebensolche Regenerationsfähigkeit haben müssen, im Berliner Olympiastadion und wieder drei Tage später im englischen Leicester. Von der Insel ging es prompt weiter nach China, wo der Tross momentan weilt, gestern, Mittwoch, Guanghzou 7:1 besiegte und am Samstag noch auf den vielsagenden Gegner Tianjin treffen wird. Nach drei Wochen Reisestrapazen werden die königlichen Akteure am 8. August wieder in den eigenen Betten schlafen dürfen. Die Tournee dürfte dem „Verein“ etwa zehn Millionen Euro pro Woche gebracht haben.

Der FC Barcelona beschränkt sich hingegen ganz auf den US-Markt und testete in Washington bei einer Neuauflage des Champions League Finales publikumswirksam gegen Manchester United, sowie gegen die mexikanischen Klubs Chivas und America. Zuvor waren die Katalanen in München zu Gast bei den Bayern. Manchester United war ebenfalls drei Wochen in den Vereinigten Staaten unterwegs, Konkurrent Chelsea versuchte auf der anderen Seite des Globus, eben in Malaysia und Thailand, die Märkte und die sagenumwobene Asia Trophy zu erobern. Da war es in vergangenen Jahren ja noch historisch begründet, dass Celtic wegen der vielen irischen Emigranten an der US-Küste probte. Nun aber kurzfristig gar nach Australien übersiedelte, schon wieder weniger. Und dass der italienische Supercup heuer zum zweiten Mal nach 2009 in Peking ausgetragen wird, wundert dann auch schon niemand mehr. Immerhin versetzt der italienische Fußball sogar die sonst so demütigen buddhistischen Gemüter in Aufruhr, sodass es selbst im Reich der Mitte Krawalle zwischen Interisti und Rossoneri gibt. Oder zumindest zwischen Menschengruppen, die glauben sie seien eben solche.