Sonntag, 25. März 2012

Land der Äcker

Die Bundesliga-Trainer beschweren sich über die mangelnde Qualität der Plätze in Innsbruck, Kapfenberg und Hütteldorf. Gerade in diesen Minuten kann sich der Zuschauer auf Sky über den unrühmlichen Rasen am Tivoli fremdschämen. Gerechtfertigt wird der inakzeptable Zustand der Plätze mit dem Argument des Fehlens der nötigen finanziellen Mittel. Dass die exemplarisch angeführten Methoden aus England, wo mit Infrarotstrahlern gearbeitet, oder Deutschland, wo der Rasen zweimal pro Saison schlicht gewechselt wird, nicht zwingend notwendig wären, zeigen zahlreiche Beispiele aus unteren österreichischen Klassen. In den Sky-Berichten wurde schließlich eine Summe von 70.000 Euro genannt, welche zur „Restauration“ des Innsbrucker Geläufs nötig wären. Präventiv könnte auch bloß die Rasenheizung für eine einstellige Tausender-Summe pro Tag laufen. Hierfür müssten die Vereine ihre Kader um einen Spieler mit einem Monatsgehalt von etwas unter 5.000 Euro brutto reduzieren. Dies scheint ein uneinbringbarer Kompromiss für eine funktionierende Infrastruktur.

Umsetzungssache

Fünf Jahre wird der Übergangszeitraum andauern bis das von der Uefa initiierte Financial Fairplay (FFP) ab der Saison 2018/19 schließlich in Kraft tritt. Bis dahin dürfen die Ausgaben der Klubs deren Einnahmen weiterhin übersteigen, bis 2015 um 45 Millionen Euro pro Spielzeit. Schrittweise muss dieses Defizit auf 30 Millionen Euro zurückgeschraubt werden. Ab Inkrafttreten des FFP darf der Jahresfehlbetrag maximal fünf Millionen Euro betragen.

Für die wenigsten Vereine außerhalb der Big Five dürften diese Regelungen also von besonderer Relevanz sein. Das wären eine Handvoll weniger Großer aus der Peripherie - Porto, Ajax, Anderlecht oder die russischen Großklubs -, die zum Großteil aber schon jetzt zunehmend auf eigenständige Spielerentwicklung setzen, anstatt fertiges Personal anzuheuern. Und auch Klubs, welche unter Mäzenschutz stehen - Salzburg beispielsweise - dürften die neuen Regelungen tangieren. Lokeren, Nijmegen oder Vitoria Guimaraes dürften auf Grund ihrer bescheidenen Budgets wohl eher keine Kandidaten für Defizite in solchen Höhen sein.

Ob das FFP die finanziellen Exzesse am Transfermarkt in den Griff bekommen wird, wage ich zu bezweifeln. Der Kritikpunkt, welcher für ein reibungsloses Ablaufen teilweise diversifiziert werden müsste, sind die Sponsoringeinnahmen. In Anbetracht des Anteils der Sponsoringeinnahmen an den Gesamtbudgets, ist nur all zu verständlich, dass dieser Posten in die Kalkulation aufgenommen wird. Fakt ist aber auch, dass Gelder von Mäzenen, welche grundsätzlich nicht in der FFP-Einnahmenkalkulatur berücksichtigt werden sollten, als getarnte Sponsoringposten sehrwohl dort auftauchen könnten. Insofern würde dies die Position von Mäzenvereinen am Transfermarkt auf Grund einer nach oben gepushten Ausgabengrenze deutlich stärken.

Sollte es tatsächlich zu diesem Szenario kommen, dürfte der langfristige Trend so aussehen, dass sich immer mehr Vereine in Abhängigkeit eines geldstarken Besitzers oder Konsortiums veräußern. Dies würde zusätzliches Geld in den Markt pumpen und hätte wiederum zur Folge, dass sich die Potenziale sämtlicher Vereine auf einem höheren finanziellen Niveau befänden und letzten Endes das FFP nur ein sehr schwaches Mittel zur Bändigung überbordender Ablösesummen und Gehaltszahlungen wäre. Auf kurze Sicht mag dies dennoch attraktiv wirken, da im möglichen Falle einer Insolvenz ein vermeidlich liquider Geldgeber einspringen könnte. Die Beispiele Portsmouth, oder jüngst Xamax Neuchatel und Servette Genf beweisen jedoch das Gegenteil. Außerdem herrscht stets Ungewissheit - sofern nicht rechtlich vorab geklärt -, wie die in die Höhe getriebenen Gehälter bei einem Rückzug des Eigners weiter finanziert werden sollten.

Grundsätzlich gibt das FFP aber den richtigen Weg vor. Andere Ideen hören sich nett an, schaffen aber entweder im Wettbewerb zwischen den Spielern (Kaderrestriktionen) oder zwischen den Ligen (Salary Caps) massive Benachteiligungen. Was jedoch viel wichtiger wäre, ist ein rigoroses Lizenzverfahren, welches mehrmalige Verluste nicht billigt. Und keinen Unterschied zwischen Tradition und Retorte kennt.

Donnerstag, 8. März 2012

Beira-Mar und die Parallelen zu Servette

Auch am Engagement Majid Pishyars in Portugal wachsen die Zweifel

Nach dem Super-League-Aufstieg Servettes 2011 übernahm Majid Pishyar auch in Portugal einen Klub. Er versprach vieles – aber die Misstöne häufen sich.

Georg Bucher, Aveiro

Am 23. Februar 2012 wurde Aveiro nostalgisch. Die zwischen Porto und Coimbra gelegene Stadt gedachte eines berühmten Sohns. Der Barde Zeca Alfonso war vor 25 Jahren gestorben, sein Chanson «Grândola morena» hatte 1974 die friedliche Revolution eingeleitet und begleitet. Aber mehr Aufsehen erregt ein Ausländer: Majid Pishyar, der am Donnerstag die Bilanz von Servette deponieren liess und vor acht Jahren schon den Konkurs von Admira Wacker Mödling zu verantworten hatte.

Seit Pishyar im Sommer 2011 die Macht im hochverschuldeten Fussballklub Beira-Mar übernommen hat, ist der Iraner in Aveiro in aller Munde. Wer die Fäden zwischen Beira-Mar und Pishyar knüpfte, wird nicht bestätigt, liegt aber nahe: der ehemalige Servette-Trainer João Alves, den Pisyhar im letzten Herbst entliess, obwohl der Coach im Team beliebt war. Alves wuchs in einem Dorf bei Aveiro auf, erlangte Bekanntheit als Fussballer von Benfica Lissabon und Paris Saint-Germain und ist international vernetzt. Über die Probleme Beira-Mars war Alves im Bild. Mehrfach war der Verein dem Konkurs entgangen, mit Geldspritzen hatte ihn Mano Nunes oft über Wasser gehalten. Nun zählt der Reeder und langjährige Chairman zur Gläubiger-Gemeinde.

Die vierte Kraft
Pishyar übernahm nicht die Präsidentschaft des polysportiven Klubs, sondern steuerte eine Million Euro zur Gründung der Kapitalgesellschaft (SAD) bei, die den Profibetrieb der Fussballer finanziert. Eine Million Euro entsprach 85 Prozent des Gesamtbetrags, also der klaren Mehrheit. Bei der Antrittsrede sagte Pishyar, bestehende Schulden würden bezahlt, aber nicht vollständig. Zudem gab er der Absicht Ausdruck, Beira-Mar unter die besten vier Teams des Landes zu führen, hinter die traditionsreichen Vereine Benfica Lissabon, Sporting Lissabon und Porto. Solche Worte erinnern an Pishyars grossspurige Ankündigung in Genf, Servette bis 2018 zum Gewinn der Champions League zu führen.

Seit Pishyars Antritt ist gut ein halbes Jahr vergangen und weniger Geld geflossen als erhofft. Der Präsident spielt auf Zeit, lässt sich selten in Aveiro blicken und vertröstet die Gläubiger. Immerhin wurden im Februar ausstehende Löhne und Prämien beglichen. Dennoch schwindet das Vertrauen; Misstöne zwischen der SAD und dem von städtischen Subventionen abhängigen Gesamtverein häufen sich.

Die Meinungsverschiedenheiten kulminierten, als die klubeigene Halle gepfändet wurde. Der Leiter der Fussball-Akademie im alten Stadion, Mario Duarte, bringt die Stimmung auf den Punkt: «Im letzten Sommer waren wir alle begeistert, ein Aufatmen ging durch die Stadt. Jetzt sieht es so aus, als würden die Felle davonschwimmen.» Klarheit bringt vielleicht die Generalversammlung vom 5. März, an der Pishyar erwartet wird. Laut dem Fachblatt «Record» verbreitet der neue Klubpräsident António Regala Zuversicht: «Pishyar hat mir gesagt, dass er sein Engagement in der SAD aufrechterhalte und dass der Konkurs von Servette keinen Einfluss auf die Geschäfte in Portugal habe. Es seien grundverschiedene Fälle. In Genf habe die Unterstützung der Stadt gefehlt, in Aveiro sei sie gegeben.»

Mit Verweis auf den Erfolg mit Servette im Frühling 2011 (Super-League-Aufstieg) strebte Pishyar mit Beira-Mar nicht nur nach der Rolle des Verfolgers von Benfica, Sporting und Porto, sondern kündigte auch den Bau eines «Fussball-Dorfs» und einer Geschäftszone um das neue Stadion ausserhalb der Stadt an. Diese Pläne liegen in der Schublade – und die vor der Europameisterschaft 2004 errichtete Arena gilt als Zankapfel. Pishyar will sie in Eigenregie führen, die Stadt als Eigentümerin legt sich quer. Hohe Unterhaltskosten verursacht das Stadion ohnehin. Viele sehen Parallelen zu Leiria, wo das EM-Stadion zum Verkauf ausgeschrieben ist. Auch in Aveiro war die Resonanz mit durchschnittlich 4000 Zuschauern in der Saison 2010/11 unbefriedigend.

Der Rettungsspezialist
Die von Pishyar erhoffte Verdoppelung der Zuschauerzahl liegt ausser Reichweite, denn Attraktionen fehlen. Gut in die Meisterschaft gestartet, befindet sich Beira-Mar im freien Fall. Letzten Sonntag hätte gegen Vitória de Setúbal die Wende gelingen sollen, doch das Team des Tabellenletzten legte drei Tore vor und verteidigte in Unterzahl den 3:2-Sieg. Danach demissionierte der Beira-Mar-Trainer, der frühere Nationalspieler Rui Bento. Ein Punkt trennt die Equipe von einem Abstiegsplatz; der neue Coach, Ulisses Morais, ist Rettungsspezialist und befreite schon fünf Klubs aus brenzliger Lage. Der Abstieg wäre verheerend. Laut Berechnungen der SAD muss Beira-Mar sieben Jahre die höchste Klasse halten, sonst scheitert das Konzept. Bei der Finanzierung des Budgets (3,2 Millionen Euro) sind TV-Übertragungsrechte der wichtigste Posten. Ein Silberstreif am Horizont ist die kürzlich geschlossene Partnerschaft mit einem Technologieunternehmen.

Etwas Luft verschaffte Beira-Mar der Wegzug von Rui Sampaio. Cagliari zahlte 600 000 Euro Ablöse für den Juniorennationalspieler. Wird der Finanzengpass nicht behoben, gäbe es die Möglichkeit, Zhang zu transferieren. Am Offensivspieler sind chinesische Klubs interessiert. «Klappt der Deal, sind wir bis Mai aus dem Schneider», meint ein Klubmitglied. Von Pishyar werden keine Wunder erwartet. Beira-Mar müsse sich selber aus der Klemme ziehen und gegebenenfalls ins alte Stadion zügeln. So wäre der 1922 gegründete Verein wieder näher bei der Basis und seiner eigenen Identität.



Quelle: Neue Zürcher Zeitung von Samstag, 03. März 2012; Seite 52

Donnerstag, 1. März 2012

Kapfenberg und Kharkiw

Kharkiw sei nur Peripherie. Geografisch und im Bezug auf Europa mag dies stimmen. Im Fußballgeschäft spielt Metalist jedoch eine bedeutendere Rolle als österreichische Vertreter. Hört sich hart an, ist aber so. Leider. Seit dem Einstieg von Dietrich Mateschitz in Salzburg hat der Mäzen hunderte Millionen Euro in den Fußball investiert. Rausgekommen ist noch nicht viel. Die angestrebte nationale Dominanz wurde bislang nicht erreicht. Und der internationale Durchbruch scheiterte nun bereits zum zweiten Mal je in der Runde der letzten Zweiunddreißig. Dass in Kolumnen über Metalist abfällig als eine südamerikanische Legionärself berichtet wurde, ist angesichts der auf Salzburger Seiten nicht bedeutend geringeren Anzahl an Gastarbeitern, paradox. War aber wohl mehr der Neid, dass Mäzen Olexandr Jaroslawsky Spieler aus Argentinien und Brasilien importiert, welche durchaus noch Potenzial haben. Im Gegenteil zu den Red-Bull-Spielern, welche in der Bundesliga oder Eredivisie kein Leiberl mehr hatten.

Transfertechnisch mehr Konzept beweist sogar der Rest der hiesigen Liga. Klammert man mal den winterlichen Kaufanfall Kapfenbergs aus. Wobei in der Obersteiermark reger Aktionismus die letzte Hoffnung dem Abstieg zu entrinnen zu sein scheint. Gegen die Austria hat’s jedenfalls genügt. Wobei am Verteilerkreis wiederum, nach den Verkäufen von Junuzovic und Barazite, eine Winterschlaf ähnliche Lethargie zu erkennen war. Im Grunde hat das Credo „Ja zu A“ aber national Einzug gefunden. Was in den vergangenen Monaten sogar der Deutschen Bundesliga zum Vorteil wurde. Und schließlich - im gestrigen Spiel gegen Finnland zumindest in ersten Ansätzen - auch dem Nationalteam. Und irgendwann könnten sich Mattersburg (5 Legionäre), Innsbruck (6) - und wenn sie die Liga halten – auch Kapfenberg (mittlerweile 11) anstatt der Gastarbeiter ja dann auch die Rasenheizung leisten…