Mittwoch, 30. Mai 2012

Im tiefen Osten

Neun Tage nur noch. Ich denke, oder besser: Ich weiß, meine Freundin fiebert der Euro nicht so sehr entgegen wie ich es tue. Dass ab übernächsten Freitag die nächsten 12 Tage täglich zwei Fußballspiele über die Mattscheibe flimmern, kostet ihr bereits jetzt Nerven. Und dabei machte ich mir noch Gedanken, vielleicht nicht jedes Spiel zu verfolgen und stempelte die Eröffnungsgruppe A frühzeitig und unbedacht als subattraktiv ab. Zu wenig Glamour, zu wenig Qualität (relativ zu Deutschland oder Spanien), zu wenig Glanz und Gloria. Zugegeben, es gibt interessantere Teams als Griechenland. Doch gerade diese schiere Balance zwischen den vier Teilnehmern, macht die Gruppe zunehmend interessant.

Gastgeber Polen erhält auf Grund des Heimvorteils schon ein dickes Plus. Dass es aber auch anders geht, bewiesen Österreich und die Schweiz 2008. Das Dortmunder Trio Piszczek-Blaszczykowski-Lewandowski strotzt wegen des Doubles sicherlich vor Selbstvertrauen, danach ist die Decke aber vorallem offensiv sehr dünn. Brozek (Trabzonspor, Celtic) und Sobiech (Hannover) konnten sich bei ihren Klubs mit je 1 Saisontreffer nicht wirklich warmschießen. Lilles Jelen wurde erst gar nicht berücksichtigt, hatte aber auch nicht öfter genetzt. Die Defensive ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Mit Wasilewski und Perquis stehen Teamchef Franciszek Smuda zwei erfahrene Abwehrleute zur Verfügung. Und mit Piszczek auf rechts, der bei Dortmund in 32 Ligaspielen 4 Tore erzielte und 8 servierte, einer der offensiv gefährlichsten Außenverteidiger Europas. Abschließend wartet mit Wojciech Szczesny Arsenals Nummer 1 zwischen den Pfosten. Im Mittelfeld verfügen die Polen mit Murawski, Obraniak, Polanski, Dudka und eben Blaszczykowski über einen routinierten Stamm aus den großen Ligen, die geballte Kreativität fehlt aber - mit Ausnahme einzelner Spieler - allen vier Teams.

Polens Auftaktgegner heißt Griechenland. Bei den Buchmachern zählen die Hellenen in dieser Gruppe als größter Außenseiter. Seit Fernando Santos das Zepter als Teamchef aber übernommen hat, haben die Griechen nur eines von 20 Spielen verloren. Die größten Kaliber unter den Gegnern hießen Russland, Polen, Kroatien, Belgien und Rumänien. Gegen letztere setzte es vergangenen November in Altach ein 1:3. Weiters interessant, dass gegen die aktuellen Endrundengegner Russland (1:1) und Polen (0:0) erst in den letzten 14 Monaten gestestet wurde. Mit Papadopoulos von Schalke und Sokratis von Werder sowie dem Olympiakos-Trio Holebas, Avraam und Torossidis verfügt Hellas bestimmt genug Qualität um die eher mauen Offensivgegner in der Vorrunde in Schach zu halten. Im Mittelfeld vertraut Teamchef Fernando Santos mit Karagounis und Katsouranis von Panathinaikos auf erfahrenen Typen, die schon beim EM-Triumpf 2004 mit von der Partie waren. Im Sturm sind auch die Hellenen relativ harmlos besetzt. Mit Konstantinos Mitroglou und dessen 17 Saisontreffer für Atromitos befindet sich nur ein Angreifer im Kader, der dieses Prädikat auch verdient. Der Rest lebt von seiner Vita: Gekas (7 Ligatore), Samaras (4), Salpingidis (5). Den Vogel schießt die Nominierung von Nikos Liveropoulos ab. Der 36-Jährige, der auch zur Euro 2008 Berücksichtigung fand und dort sogar zu einem Einsatz gegen Russland kam, schwimmt seit Jahren mit ein bis vier Länderspielen pro Saison mit und findet dank seiner heuer 7 erzielten Meisterschaftstreffer für AEK erneut einen Platz im EM-Aufgebot. Vielleicht gelingt den jungen Wilden Ninis und Fetfatzidis der internationale Durchbruch?

Auch die Russen leben eher von ihrer defensive Organisation. Vor vier Jahren zog die Sbornaja noch ins Halbfinale ein, das Gros des aktuellen Kader verdient seine Heidelbeeren aber mittlerweile wieder in der heimischen Liga. Von den Offensivkräften kicken nurnoch Pavel Pogrebnyak und Marat Izmailov im Ausland. Alexandr Kerzhakov hat sein Gastspiel beim FC Sevilla bereits nach einem Jahr, und sogar noch vor dem heroischen Semifinalvormarsch, beendet; Roman Pavlyuchenko wechselte nach dreieinhalb eher durchwachsenen Jahren an der White Hart Lane zu Lok Moskau. Und auch Andrey Arshavin verließ die Gunners nach drei Jahren gen St. Petersburg und wird dort auch wohl nach der Euro bleiben. Für eine Goldene Generation dürfte es die letzte gemeinsame Möglichkeit bei einer Endrunde sein Edelmetall zu erringen, stehen die genannten großen Stützen bereits vor ihrem 30. Geburtstag. Ähnlich wie ihre Kameraden Yuri Zhirkov und Aleksey Berezutski, die defensivere Aufgaben erledigen. Alekseys Zwillingsbruder, Vasili, wurde für die Endrunde in Polen und der Ukraine erst gar nicht berücksichtigt, hatte im Frühjahr aber mit muskulären Probleme zu kämpfen. Die Mittelfeldspieler Shirokov, Zyryanov oder Semshov befinden sich mittlerweile sogar schon in ihren Dreißigern - der eine mehr, der andere weniger. Und auch die Abwehrrecken Anyukov, Sharonov und Ignashevich sind zwischen 29 und 35 Jahren alt. Zudem lag 2008 ein bedeutender Trumpf in der Vorbereitung. Diese absolvierte das Team unter Coach Guus Hiddink mit dem Fitnesstrainer Reymond Verheijen. Das niederländische Duo brachte 2002 schon die Südkoreaner in Topform, was sich im Einzug des WM-Semifinals wiederspiegelte. Die Zukunft gehört aber den Jungen. In wie fern die offensiven Jungspunde Alan Dzagoev (21 Jahre, ZSKA) und Aleksandr Kokorin (21 Jahre, Dinamo) aber zum Einsatz kommen oder als bloße Kaderergänzungen fungieren, bleibt abzuwarten. Gerade vom Burschen von ZSKA darf man jedoch einiges erwarten. Im Kasten seien noch Igor Akinfeev und sein langjähriger Ersatz Vyacheslav Malafeev erwähnt. Ersterer, der Iker Casillas des Osten, ist mittlerweile stramme 26 Lenzen alt und steht nach wie vor bei ZSKA Moskau zwischen den Pfosten. Womöglich für immer...

Und schließlich noch unsere Nachbarn aus Tschechien. Für die wird es nicht minder eine Heim-Euro, finden deren drei Gruppenspiele doch alle im südpolnischen Wroclaw statt, nur 280 Kilometer von Prag und 240 Kilometer von Ostrava entfernt. Wenn du dann noch einen Keeper wie Petr Cech zwischen den Pfosten stehen hast, kann dir ja eigentlich nur noch wenig passieren. Es sei denn der Powidl geht aus. Bei den Feldspielern jedenfalls fehlt der Schmackes vergangener Jahre. Mit Michael Kadlec von Leverkusen und Tomas Sivok von Besiktas haben die Tschechen brave Leute in der Abwehr, aber sicher keine Kaliber. Viel wird von Tomas Rosicky abhängen, der bei den Gunners eine gute Saison spielte. Jaroslav Plasil, Tomas Hübschman und Petr Jiracek werden dem ehemaligen Dortmunder bestimmt den Rücken frei halten. Wer vorne die Bälle dann reinmachen soll, bleibt noch ein Fragezeichen. Der Ex-Austrianer David Lafata zerbombt zumindest die heimische Gambrinus Liga und wurde mit 25 Treffern Schützenkönig. Milan Baros und Tomas Pekhart zeigten mit 8 bzw. 9 Buden durchschnittliche Qualitäten. Und Sturmtank Tomas Necid muss bei ZSKA Moskau sowieso froh sein, wenn er mal am Rasen stehen darf.

Insgesamt erwarte ich eher torarme Begegnungen, lasse mich aber gerne eines besseren belehren. Gefühlsmäßig werden mir die Polen etwas zu stark gesprochen. Viel wird für die Ausrichter vom ersten Spiel abhängen. Wenn dieses gegen Griechenland aber nicht gewonnen wird, wird's ganz schwierig. Und weil ich die Hellenen als die defensiv stärkste der vier Mannschaften einschätze, geht mein Gefühl auch in diese Richtung. Bei den Tschechen lastet offensiv, meiner Meinung, zu viel auf den Schultern von Tomas Rosicky. Bei der Sbornaja verteilt sich diese Last auf mehrere routinierte Spieler. Die Erfahrung spricht außerdem für Russland. Deswegen tipp ich auf ein Weiterkommen von Russland und Griechenland.

Montag, 28. Mai 2012

Vielleicht 2016...


Viel gebloggt habe ich in der entscheidenden Phase der Saison ja nicht, das Geschehen in Österreich verdiente es aber auch nicht anders. Der Europacupeinzug der Admira ist aller Ehren wert, Meisterschaft und Cup gehen an Red Bull - alles andere wäre auch höchst erniedrigend für die Salzburger gewesen - und die Nicht-Europacupteilnahem der Austria ist für einen Grün-Weißen Balsam auf der Seele - nachdem wir vergangenes Jahr ähnliches Schicksal erlitten.

Die Titelkämpfe im Resteuropa waren etwas brisanter. Das Manchester-Duell hatte nach 20 Minuten Spielzeit schließlich doch Vorrang gegen Kapfenberg-Rapid. Eines der aufreibendsten Spiele der Geschichte, traue ich mir zu sagen. Manchester City gegen QPR! Nicht Kapfenberg-Rapid.

Cristiano Ronaldos Privatfehde gegen Lio Messi sei natürlich auch erwähnt. Auch gelobt. Juventus setzt sich gegen Milan durch. Auf Milan hatte ich im August noch spekuliert. Gegen einen Juventino, er sollte Recht behalten. Montpellier überflügelt die Scheichmillionäre von PSG. Und Kloppos Dortmunder toppen die letztjährige Meisterschaft mit dem Double.

Der sympathische Falcao zerlegt ein sympathisches Bilbao im Alleingang. Im „wichtigeren“ Finale beweist Chelsea, dass eine einzige Ecke für ein X reicht UND, dass eine englische Mannschaft im Elfmeterschießen sehr wohl gewinnen kann. Und Arjen Robben, dass er keine entscheidenden Elfer schießen sollte.

Und jetzt steht noch die Euro vor der Türe, in 11 Tagen geht’s los! Ich bin spitz wie Nachbars Lumpi. Zu gern würde ich nach Polen reisen, nur das Studium macht mir einen Strich durch die Rechnung. Welcher Mensch setzt eine Prüfung auch einen Tag nach den Halbfinals an?!