Freitag, 23. Dezember 2011

Wegschalten, Gosch’n halten

Da demütigen die Fürther den großen Rivalen; noch dazu vor dessen eigenem Publikum. Mit Schlusspfiff sprintet die komplette Ersatzbank des Zweitligisten, inklusive Betreuerteam, zur Kurve und feiert mit den Fans. Kurze Zeit halten die Kameras auf die Szenerie. Zwischendurch werden in die Leere blickende Nürnberger Spieler gezeigt. Dann erblickt der Zuseher im Hintergrund unruhig agierende Supporter in der Nürnberger Kurve. Im selben Augenblick werden einem aber wieder Bilder der feiernden Fürther präsentiert. Kurz später noch einmal die enttäuschten Spieler der Heimmannschaft. Plötzlich rennen im Hintergrund maskierte Gestalten durch’s Bild. Wissende Zuseher erkennen auf Grund der Kameraeinstellung, dass die Meute Richtung Sektor der Gästefans in Bewegung ist. Dann zeigt Sky noch einmal kurz die freudigen Fürther und beendet die Übertragung abrupt.

Zeitgleich mit dem Frankenderby setzen sich die Bayern in der Nachspielzeit gegen den Zweitligisten aus Bochum durch. Nur während die Übertragung aus Nürnberg mit dem saloppen Hinweis, dass das Spiel zu Ende sei, prompt abgebrochen wird, wird auf dem Nachbarkanal weiter aus dem Ruhrstadion berichtet, eifrig Spieler interviewt, das gewohnte Prozedere eben.

Tags darauf ist von Nürnberger Fans im Innenraum des Stadions zu lesen. Schadhaft für das „Produkt“, die „Marke“. Doch könnte es Sky nicht gleichgültig sein, ob der FC Nürnberg durch solch Aktionen eigener Fans einen Imageschaden davon trägt oder nicht? Wohl wird dies Vorgabe beteiligter Vereine und Verbände sein. Was jedoch ein qualitatives Armutszeugnis für den Sportjournalismus ist, sich diesem Diktat zu beugen. Seit der Euro 2008 und kroatischer Bengalen aber auch hierzulande nicht ganz fremd…

Dienstag, 13. Dezember 2011

Back in Business…zumindest ein bisschen

Ungeschlagen reiste die Mannschaft von Roberto Mancini an die Stamford Bridge. Die mittwöchentliche Schmach, das frühe Aus in der Champions League, sollte bestmöglich ausgemerzt werden. So begannen die Citizens auch das Top-Spiel am Montagabend. Die Mannen von André Villas-Boas kämpfen indes um den Anschluss an die Tabellenspitze. Der Rückstand auf ManCity beträgt trotz des gestrigen Sieges immer noch sieben Punkte. Und auch Chelsea konnte heuer auf dem internationalen Parkett noch nicht überzeugen; der Aufstieg wurde erst durch einen Heimsieg über Valencia am letzten Spieltag fixiert. Da verfielen die Blues in alte taktische Schemata, standen tief und agierten aus einer halbwegs gut organisierten Defensive - wie unter Mourinho oder Ancelotti. Weil der Plan gegen die Spanier auf ging, gab Villas-Boas auch für das gestrige Spiel selbe Devise aus. Der Abwehrverbund stand tief in der eigenen Hälfte und versuchte spielerisch den Ball nach vorne zutragen. Mancini, wiederum, stellte sein Team darauf hervorragend ein und ließ ein extrem forsches Pressing spielen um die Hausherren schon in der Spieleröffnung zu stören und einen konstruktiven Aufbau zu verhindern. So sahen sich die Abwehrspieler der Londoner noch in der eigenen Spielhälfte phasenweise sieben Citizens gegenüber, die versuchten den Heimakteuren die Kugel abzuluchsen. Was auch sehr gut klappte. Die Außenverteidiger Bosingwa und Cole hatten ihre mühen Probleme und konnte auf Grund des gegnerischen Druckes offensiv so gut wie keine Akzente setzen. Zudem wirkte Chelsea im Spielaufbau ob der gegnerischen Omnipräsenz nervös; ungewohnt viele Abspielfehler und zahlreiche Ballverluste in Zweikämpfen waren die Folge. Dass die Citizens nach einer halben Stunde nicht bereits zwei, drei Tore Vorsprung hatten, war Glück für die Blues. City nutzte Chelseas Defensivfehler gnadenlos, schaltete überfallsartig von Rückwärts- auf Vorwärtsbewegung um und kreierte so zahlreiche Tormöglichkeiten. Aus heiterem Himmel gelang Meireles jedoch glücklich der Ausgleich, nach einer tollen Einzelaktion von Sturridge, der aufmerksam den Ball in den Rückraum spielte, wo der Portugiese, verlassen von Yaya Touré - der bis dato eine engagierte Leistung bot - einschussbereit stand. Bis auf einen Drogba-Schuss, kurz zuvor, war Chelsea offensiv jedenfalls nicht präsent. Sturridge und Mata waren im Angriffsspiel der Blues zwar die Aktivposten, erschienen verglichen mit ihren Pendants Yaya Touré, Milner und allen voran David Silva blass. Besonders der Spanier fiel durch quirlige Dribblings und direktes Passspiel positiv auf und assistierte Balotelli so auch zum 0:1.

Chelsea kam wacher aus der Kabine. Und taktisch umgestellt. Villas-Boas kehrte zu seiner bevorzugten Spielweise zurück und ließ seine Abwehrlinie höher stehen um das Spielgeschehen vom eigenen Tor in die Hälfte der Gäste zu verlagern. Durch die geringeren Distanzen der Positionen zueinander nahm nun auch das Kurzpassspiel der Londoner Fahrt auf. Die Rollen im zweiten Durchgang waren konträr zur ersten Hälfte. Mancinis Elf trat offensiv nun so gut wie nicht in Erscheinung, stand nun tiefer und formierte mit zwei sich verschiebenden Viererketten ein massives Bollwerk im Zentrum vor dem eigenen Kasten. Zwingende Torchancen konnte das Offensivtrio Mata-Sturridge-Meireles für die Hausherren so nicht generieren, die Außenverteidiger Cole und Bosingwa konnten sich nun aber häufiger ins Angriffsspiel einschalten und zusätzlich für Druck sorgen. Clichys tölpelhafter Platzverweis zwang die Gäste umso mehr in das defensive Korsette. Mancini stellte in der Folge leicht um, nahm den glücklosen Agüero vom Feld und formierte mit Kolo Touré seine Viererkette neu. So wurde einmal mehr klar, wenn City eine verwundbare Stelle hat, ist dies die Abwehr. In den letzten sieben Ligabegegnungen kassierte Roberto Mancinis Team stets mindestens ein Tor. Lediglich der Belgier Kompany erwies sich gestern als Fels in der Brandung und strahlte zunehmend Sicherheit aus. Das Remis hätte den Blues nicht wirklich geholfen, einen nicht unumstrittenen Elfmeter verwandelte der eingewechselte Lampard jedoch kurz vor dem Schlusspfiff zum nicht unverdienten Sieg. Und mit seinem wappenküssenden Torjubel nahm er wohl auch allen Wechselgerüchten den Wind aus den Segeln.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Weitere Endspiele

Im Fernduell bekämpfen sich heute Abend Olympique Lyon, auswärts bei Dinamo Zagreb, und Ajax Amsterdam, im Heimspiel gegen Real Madrid, um den zweiten Platz in Gruppe D um noch hinter den königlichen Madrilenen in das Achtelfinale der Champions League einzuziehen. Der Mannschaft von Rémi Garde reicht heute nur ein Kantersieg in der kroatischen Hauptstadt. Außerdem muss Real die AmsterdamArenA einnehmen und ebenfalls einen Sieg feiern. Je höher dieser ausfällt, desto besser für Lyon. OL muss auf Ajax nämlich deren sieben Tore aufholen, da beide Duelle mit dem niederländischen Rekordmeister jeweils in Nullnummern endeten. All zu große Erwartungen sollten die Franzosen jedoch nicht hegen, wird der Fokus für die bereits fix für das Achtelfinale qualifizierten Madrilenen wohl auf den am Samstag stattfindenden Clasico liegen. Zumal Pep Guardiola gestern im sportlich wertlosen Spiel gegen Borisov krasse vierzehn Änderungen in seinem Kader vornahm und Stars wie Messi, Xavi und Iniesta einen freien Tag gönnte. Andererseits möchte der ehrgeizige Jose Mourinho seine bislang blütenweise Weste sicherlich nicht mit einer Niederlage beflecken. Ein Unentschieden würde den Niederländern aber auch schon genügen. Weiters fallen bei OL Bastos, Vercourte und Tafer aus. Ein Sieg sollte für die Equipe von Rémi Garde zwar durchaus drinnen sein, Dinamo wird sich aber mit aller Härte aus dem diesjährigen Europacup und von seinem Publikum verabschieden wollen und endlich die ersten Punkte fixieren. Ein frühzeitiges Ausscheiden in der Gruppenphase wäre für die Gons seit der Saison 2002/03 eine Premiere und würde den auf Grund des verpatzten Saisonstarts bereits angezählten Trainer Garde einen weiteren Nackenschlag verpassen. Dieser betonte gegenüber der Zeitung Equipe allerdings, trotz aller negativen Voraussetzungen im Stadion Maksimir gewinnen zu wollen, da es auch bei einem eventuellen Ausscheiden für die Ligaleistung wichtig wäre die Dynamik der zuletzt zwei aufeinanderfolgenden Siege über Toulouse und Auxerre aufrechtzuerhalten.

Ein weiteres klangvolles Fernduell am heutigen Champions-League-Abend lautet ManCity gegen Napoli. In Gruppe B duellieren sich die europäischen Leichtgewichte Lille und Trabzonspor um den Aufstiegsplatz neben Inter Mailand. Die Moskowiter von ZSKA könnte aber zum lachenden Dritten avancieren, spielen Franzosen und Türken remis. Am St. Jakobs Park herrscht unterdessen schon seit Tagen gewaltige Euphorie, da das heutige Duell gegen Kaliber Manchester United ein Endspiel darstellt und sich der Schweizer Meister auf Grund des heroischen 3:3 von Old Trafford berechtigter Weise Hoffnungen macht.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Endspiel im Dezember

Zum Zünglein an der Waage könnte die Mannschaft von Mario Been avancieren. Kampflos möchte sich der belgische Meister heute Abend gewiss nicht aus dem Europacup verabschieden. Zumal gegen Valencia und Chelsea auf heimischem Terrain sogar remisiert werden konnte. Robin Dutts Mannen seien jedenfalls gewarnt, auch wenn es für die Limburger in den letzten drei Partien eins mächtig auf die Mütze gab und elf Trümmer kassiert wurden. Die Werkself ist mittlerweile seit 1. November ungeschlagen. Einen Bärenanteil an dieser Serie hat sicherlich der Schweizer Eren Derdiyok, der in den drei Begegnungen gegen Chelsea, Hertha und Hoffenheim fünf Treffer markierte. Eindrucksvoll natürlich der Hattrick im Berliner Olympiastadion, der die Bayer-Elf zwischenzeitlich sogar auf die Siegerstraße brachte. Ein Sieg ist für die Rheinländer ob des momentanen ersten Ranges dennoch Pflicht; bei einer Niederlage und einem Remis im Parallelspiel wäre die Werkself nämlich aus dem Bewerb. Dass sich Chelsea in dieser Gruppe E gar so schwer tun und erst am letzten Spieltag die Entscheidung fallen würde, konnte nicht erwartet werden. Die offensive Philosophie von André Villas-Boas, der seit diesem Sommer das Traineramt an der Stamford Bridge bekleidet, konnten die Spieler bislang noch nicht vollends verinnerlichen. Wie schon beim FC Porto legt AVB Wert auf eine sehr moderne, attraktive Spielweise. Das größte Manko bisher ist jedoch die hochstehende Abwehrkette, welche gegnerischen Angreifern viel Platz ermöglicht um Geschwindigkeit aufzunehmen und Pässe in die Nahtstellen in gefährliche Tormöglichkeiten umzumünzen. Ein Fakt, den Valencias Coach Unai Emery heute sicherlich bedenkt und wofür er mit Roberto Soldado den perfekten Stürmer für eine solche Spielweise am Blankett stehen hat.

Bis zur Torlinie und nicht weiter

Selbst den Zeitungen dürfte die Lust vergangen sein zu betonen, dass Peter Schöttel im x-ten Spiel die x-te verschiedene Startformation ins Rennen um Punkte schickte. Wenn auch in Kapfenberg wieder mit etlichen Personalien jongliert wurde, das taktische Grundkonzept dürfte der Rekordrapidler nach gut der Hälfte der Meisterschaft gefunden haben. Dass Rapid ohne Europacupbelastung gegen den Stadtrivalen, Meister oder Krösus aus Salzburg die Nase schon zu Beginn der Saison vorne haben wird, hofften viele. Der Trainerwechsel und sicherlich auch wieder der ein oder andere Spielerverkauf fielen jedoch schwerer ins Gewicht als anfangs vermutet. Aus der Krise dürften sich die Grün-Weißen mittlerweile gekämpft haben, wenn sie überhaupt jemals dort waren. Auch in den Anfangsmonaten Schöttels Vorgänger Pacult und Hickersberger überzeugte Rapid nicht gerade mit meisterlichen Leistungen. Und gefeit von Krankheit und Verletzung waren die Hütteldorfer im Herbst auch nicht gerade. Diesmal erlag Außenstürmer Christopher Trimmel und Außenverteidiger Michael Schimpelsberger der Grippe.

Weil Christopher Drazan eine Sperre absaß, musste Schöttel die komplette Flügelzange wechseln; die Ersatzmänner Burgstaller und Alar hegten in den Anfangsminuten große Erwartungen, dass der - einer von vielen - Tabellenführer das Schlusslicht förmlich fressen würde. Neo-Trainer Thomas von Heesen rotierte gegenüber der 0:6-Pleite vom letzten Wochenende aber im großen Stil und ließ nur drei Spieler auf deren Position. Der Trainerwechsel und die angesprochene Niederlage sollten bei den Kapfenbergern Kräfte freisetzen, um sich gegen den Abstieg weiter zu wehren. Weiters ersetzte im Hütteldorfer Mittelfeld der wieder einmal aufopferungsvoll kämpfende Kulovits den ebenfalls gesperrten Finnen Heikkinen.

Insgesamt war das Spiel von einem ansehnlichen Tempo geprägt, wobei sich der Tabellenletzte nicht versteckte und dank einer schwammigen Rapid-Defensive durch Tieber und Gregoritsch im ersten Durchgang zu zwei hoffnungsvollen Schussmöglichkeiten kam. Ersterer schloss jedoch zu hektisch ab, gegen Zweiteren konnte Königshofer aus kurzer Distanz toll parieren. Die rechte Abwehrseite war auf Grund des offensiv agierenden Thonhofer etwas löchrig; zudem strahlte Sonnleitner bei mehreren Duellen nicht sehr viel Sicherheit aus. Wegen einer Gesichtsverletzung musste Hofmann bereits früh vom Feld und wurde von Gartler ersetzt, der kurz vor dem Pausenpfiff alleine auf Schlussmann Wolf zu lief, jedoch im Abschluss zu locker agierte. Ein Schuss von der Strafraumgrenze von Prager und ein Stangelpass von Burgstaller stellten weitere nennenswerte Offensivmomente der Wiener dar, strahlten aber nur bedingt Gefahr aus. Dass Hofmann schon früh aus dem Spiel genommen wurde, tat der Hütteldorfer Kreativität einen jehen Abbruch, zumal Burgstaller nach wie vor über die Flanken agierte - und mit Alar immer wieder rouchierte - und Gartler im Zentrum nur gelegentlich spielerische Akzente setzten konnte.

Im zweiten Durchgang bemühten sich die Gäste aus Wien den direkteren Abschluss zu suchen, was zahlreiche Chancen belegen. Lediglich die Effizienz im Verwerten der Möglichkeiten bleibt zu bekritteln, was jedoch bereits seit Monaten ein Problem des Rekordmeisters darstellt. Kapfenberg stand nun tief und konnte nur noch einen einzigen Entlastungsangriff in der zweiten Spielzeit setzen, Elsnegs Schuss konnte aber vom tadellosen, aber unterbeschäftigten Königshofer entschärft werden. Prager interpretierte im zweiten Durchgang die Rolle als Schnittstelle zwischen Defensive und Offensive nicht schlecht und tauchte sogar mehrmals im gegnerischen Strafraum auf. Zudem orientierte sich Alar durch Soli immer wieder in das Spielfeldzentrum und riss so Räume für den aufrückenden Thonhofer auf. Überhaupt agierten beide Außenverteidiger ungewohnt offensiv. Dass Salihis vergebener Sitzer knapp vor Schluss der peinliche Gipfel der Inneffizienz ist, muss wohl nicht weiter erläutert werden. Das spielerische Attribut war bei den Gästen trotz des Ausfalls der kompletten Stammbesetzung im offensiven Mittelfeld vorhanden. Dass in den Schlussminuten hauptsächlich nur noch mit hohen Bällen operiert wurde, der lange Nuhiu jedoch zwanzig Minuten zuvor von Trainer Schöttel zum Duschen geschickt wurde, ist nicht ganz nachvollziehbar. Dass am Samstagabend aber auch die restlichen drei Tabellenführer nicht über ein Remis hinauskamen, lässt die Hütteldorfer trotz dieses Unentschiedens weiterhoffen, um an der Tabellenspitze überwintern zu können.

Mittwoch, 30. November 2011

Unsere Lorbeeren?

Da gab es vor ein paar Wochen medial bundesweit den Konsens, dass es mit unserem Fußball wieder bergauf gehe. Dank eines Schweizers, der mit zwanzig Österreichern ein paar Tage trainiert hatte. Zugegeben, die Leistung in Lviv war für eine österreichische Equipe ungewohnt, im positiven Sinne. Zudem scheint im Team eine regelrechte Legionärsflut einzusetzen, stand mit Franz Schiemer nur ein einziger Bundesligaakteur auf dem Rasen - und war darüber hinaus schwächster Mann am Platz. Dies veranlasste den TV-Sender Sky, Tage später zu der selbstbeweihräuchernden Diskussion, wie gut der österreichische Fußballnachwuchs nicht sei. Auch hier muss man zugeben, dass bis zu einer gewissen Alterstufe tatsächlich gute Arbeit geleistet wurde und wird. Was an diversen Ergebnissen bei Unter-Auswahl-Endrunden im vergangenen Jahrzehnt tatsächlich belegbar ist. Gestreute Rosen sollten jedoch mit Vorsicht genossen und nicht unbedacht vom Boden aufgeglaubt werden. Sonst verletzt man sich an den Dornen. Mit reichlich Bedacht sollte daran erinnert werden, dass zwar die meisten ihre ersten Sporen in der Alpenliga verdienen, viele aber auch schon mit einer noch unterentwickelten Reputation und dem blanken Ruf des Talents, oder oft sogar nur als junger, frischer Hüpfer in den großen, kalten Teich „Internationaler Fußball“ springen. So wurde Emanuel Pogatetz zwar bei Sturm Graz ausgebildet, kämpfte sich aber erst via Leverkusen und Aarau in die heimische Bundesliga - und später nach Moskau, Middlesbrough und Hannover. David Alaba und Marco Arnautovic wechselten sogar noch vor ihrer Vollmündigkeit ins Ausland, wo sie ihren entscheidenden Feinschliff zum Profitum erhielten. Julian Baumgartlinger stand gar erst am Beginn seiner Pubertät als er zu den Münchner Löwen transferierte. Und Martin Harnik kennt österreichische Vereine überhaupt nur vom Hörensagen. Die mittelfristige Zukunft wird nicht anders aussehen. Zahlreiche Spieler wie Prosenik, Holzhauser, Vastic oder Weimann wechselten in einem Alter, indem die technische Ausbildung so gut wie abgeschlossen ist - was wiederum für hiesiges Ausbildungssystem spricht. Und was wir, noch einmal, durch die Leistungen unserer Unter-Auswahlen zum Teil eh schon wissen. Der Sprung zu den Profis gelingt von den Jungnationalspielern jedoch den wenigsten. Im Alter zwischen 17 und 20 stagniert die Weiterentwicklung massiv, was - für mich - auf mäßige körperliche Attribute und fehlende taktische Intelligenz zurückzuführen ist. Und bei einigen Talenten auch sicherlich der mentale Druck; die psychologische Betreuung von Fußballern ist ein in Österreich aber nach wie vor milde belächeltes Thema. Dass der Schritt ins Ausland nicht zwangweise der richtige ist, dafür gibt es genauso zahlreiche Beispiele wie die Herren Elsneg und Krenn, die aber wenigstens wieder in Österreich Fuß fassen konnten. Ganz im Gegenteil zu ihrem Kollegen Mario Lösch, der mittlerweile den Pride Park von Derby gegen das Ritzinger Sonnenseestadion tauschte. Sicherlich bleibt der Schritt ins Ausland - vor allem in solch jungen Jahren - eine Entscheidung in eine nicht ganz gewisse Zukunft. Ausnahmen aber bestätigen die Regeln. Und der Großteil landet im schlechtesten Fall in der heimischen Bundesliga.

Sonntag, 20. November 2011

Change? Yes, we can!

Im Gefrierschrank von Lemberg sollte Marcel Koller seine Premierenvorstellung als österreichischer Teamchef geben. Personelle Überraschungen sollte es dabei keine großartigen geben. Die Nominierungen von Willi Kavlak, Zlatko Januzovic und Sebastian Brödl sorgten für kurzzeitige Irritation, waren aber lediglich peinliche Faux-pas’ des Staatsfernsehens. Die Nominierung beider Torhüter der Wiener Austria, Heinz Lindner und Pascal Grünwald, stellte ein kurioses Novum der jüngeren Zeit dar. Und ausgerechnet der Düsseldorfer Reservist Robert Almer (zuvor ebenfalls am Verteilerkreis arbeitend) schnappte den beiden Veilchen dann doch das Einserleiberl vor der Nase weg. Neben Lindner hätten weiters die Austrianer Mader und Margreitter ihr Debüt im Nationaltrikot feiern können, wurden jedoch wie sämtliche Austrianer - sieben an der Zahl - nicht eingesetzt.

Die Startaufstellung zeigte bis auf das Debüt Almers keine großen Veränderungen zur Constantinischen Ära. An den Flügeln agierten Ivanschitz, links, und Harnik, rechts. Im defensiven Zentrum machten Baumgartlinger und Alaba die Räume eng, wobei sich der Legionär von Bayern München immer wieder in die Offensive einschaltete. Arnautovic agierte als Bindeglied zwischen Mittelfeld und der Solospitze Janko, konnte sich durch seine technischen Fertigkeiten jedoch nur selten in Szene setzen. Lediglich die Besetzung der Rechtsverteidigerposition durch Franz Schiemer sollte sich im Spielverlauf als wenig vorteilhaft erweisen.

Die ersten Minuten zeigten allerdings, dass die taktischen Vorgaben eine Hundertachzig-Grad-Wendung zu Kollers Vorgänger bedeuteten. Prompt nach Anpfiff attackierte die österreichische Elf die Hausherren in deren eigener Hälfte und ließ während des gesamten ersten Durchganges so gut wie keinen ertragreichen Spielaufbau zu. Die Mannschaft von Oleg Blochin wurde so am eigenen Strafraum regelrecht eingeschnürt, was wiederum spätestens an der Mittellinie einen oftmaligen Ballverlust für die Ukrainer bedeutete. Neben dem knappen Raum, war für die ukrainischen Akteure auch die wenige Zeit zur Ballverarbeitung ein großes Problem, dass die Österreicher durch forsches Doppeln gegen den Ballführenden ebenfalls provozierten.

Im Ballbesitz war am augenscheinlichsten das linkslastige Offensivspiel der österreichischen Mannschaft. Ein Hauptgrund dafür war Franz Schiemer auf der rechten Seite, der nur für wenige Akzente im Angriffsspiel sorgte. Ganz im Gegensatz zum Schalker Christian Fuchs, der mittlerweile einen modernen Außenverteidiger mimt. Auf Grund des oftmals beackerten linken Flügels musste der Stuttgarter Harnik zudem oft ins Zentrum verschieben um dort für Überzahl zu sorgen. Was schließlich dem ukrainischen Offensivspiel zu Gute kam. Nur Tage zuvor bewiesen Blochins flinke Konterspieler auch gegen ein schwächelndes Deutschland mithalten zu können. Durch zügige Spielverlagerung hatten die ukrainischen Konterspezialisten, mit Ausnahme eines überfordert wirkenden Schiemers und eines zurückhechelnden Harniks, oftmals den gesamten, aus österreichischer Sicht, rechten Flügel für sich.

Von dieser Seite sollte schließlich auch das aus heiterem Himmel fallende Führungstor für die Gastgeber entstehen. Wobei Schiemer mit zwei Gegenspielern auf verlorenem Posten stand, weil die Deutschlandlegionäre Prödl, Harnik und Baumgartlinger viel zu spät gegen den Ball antizipierten. Zudem ließ sich Innenverteidiger Pogatetz vom späteren Torschützen Milevsky durch eine Körpertäuschung fintieren, sodass der Stürmer von Dynamo Kiew schließlich sträflich allein im Torraum zum Abschluss kommt.

Nach dem Gegentreffer blieb Österreich aber die tonangebende Mannschaft und spielte weiter wacker nach vorne. Die drückende Überlegenheit wurde aber nur selten in gefährliche Torchancen umgemünzt. Auffällig war, das Janko an der Strafraumgrenze und mit dem Rücken zum Tor mehrmals als Prellbock für seine Rückraumspieler Arnautovic, Alaba und Harnik fungierte.

Im zweiten Durchgang ließ die Offensivpower der österreichischen Mannschaft etwas nach, sodass sich die Ukrainer aus ihrer Umklammerung lösen konnten. Wohl auch, weil ein solch aggressives Forechecking, wie es die österreichische Elf praktizierte, extrem an den Kräften zehrt, nicht nur auf Grund einer höheren Laufleistung, sondern auch wegen der erhöhten Konzentration, welche das Spiel auf einem höheren taktischen Niveau fordert und für unsere Nationalmannschaft - noch - eine ungewohnte Spielweise darstellt. Dass Koller im Laufe des Spiels mit Veli Kavlak für Martin Harnik lediglich einen Spieler wechselte, begründete der Zürcher damit, dass er seine Spieler in unterschiedlichen Spielszenarien beobachten wollte.

Der zweite Gegentreffer, trotz Überzahl, lässt sich sicherlich auch auf die abfallende Konzentrationskurve zurückführen. Baumgartlingers Ballverlust im Spielaufbau darf so nicht passieren, zumal in der näheren Umgebung die österreichischen Spieler sogar Vier gegen drei in Überzahl sind. Dass in der Folge die defensive Grundordnung überhaupt nicht den vorgegebenen Schemata entspricht, ist eine logische Konsequenz. Dass Christian Fuchs auf seiner Position links hinten nicht mehr zu finden war, sondern sich bereits in das Angriffsspiel eingeschaltet hatte, spricht eigentlich sogar für den Schalker. Eben diese paar Meter haben ihm im entscheidenden Zweikampf gefehlt und den Ukrainern den Platz zur Torvorbereitung gegeben. Mit einer weiteren Körpertäuschung ließ diesmal Devic Pogatetz aussteigen, wobei auch erwähnt werden muss, dass der Angreifer in solchen Situationen den Vorteil des Momentums für sich genießt und solch Aktionen nur schwer zu verteidigen sind.

Unterm Strich war eine konkrete Leistungssteigerung im Vergleich zu den letzten Paarungen zu erkennen. Besonders das unkonventionelle Pressing imponierte sehr und war ein erfrischender Anblick, zumal es doch sehr ungewöhnlich ist, eine, ausgerechnet, österreichische Equipe eine solche Spielweise an den Tag legen zu sehen. Die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss wurde Tags darauf in den heimischen Gazzetten bekrittelt. Ich denke allerdings, dass diese einkehren wird, wenn sich das Team auf Kollers taktische Vorgaben eingestellt und diese automatisiert hat. Lediglich im Abwehrverbund offenbarten sich nach wie vor gröbere Schwächen. Weniger beim Debütanten Almer, der bei seinem „Ersten Mal“ seinen Mann stand. Und auch weniger auf der linken Seite, wo Christian Fuchs beherzt nach vorne agierte, sich defensiv phasenweise nicht ganz makellos präsentierte, im Grunde jedoch den positivsten Eindruck erweckte. Sein Pendant auf der rechten Abwehrseite hat mit der Leistung vom vergangenen Dienstag keine Zukunft im A-Team. Massig Alternativen hat Koller jedoch nicht. Der Austrianer Klein wünscht sich zwar einen Auslandtransfer, hat auf internationalem Parkett aber eher schlechte Karten. Ekrem Dag kommt bei Besiktas auf zu geringe Einsatzzeiten als das er eine rechtfertigbare Wahl wäre. Bliebe eigentlich nur noch György Garics, der erst vor kurzem nach einer langen Verletzungspause in die Abwehr Bolognas zurückkehrte. Abwarten wie die weiteren Wochen bis zur nächsten Kaderbekanntgabe für den unter Constantini Ausgebooteten verlaufen. Und zentral? Da stellt das Duo Prödl-Pogatetz nicht gerade das trickreichste der Fußballgeschichte dar. Stehen jedoch mit dem Basler Dragovic und dem Austrianer Ortlechner zwei souveräne back-ups zur Verfügung. Und erst gestern warf Markus Berger, Kapitän bei Academica Coimbra, den FC Porto aus dem portugiesischen Cupbewerb. Vielleicht also eine weitere Alternative für Marcel Koller. Berger spielt übrigens bereits seine fünfte Saison gegen Sporting, Benfica und den FC Porto.

tracklist #14: Antonello Venditti - Bomba o non Bomba

Freitag, 18. November 2011

Greek Haircut #3: Barry Hulshoff

Nicht nur dem griechischen Staat würde ein Kurzhaarschnitt besser stehen...es waren halt die wilden Siebziger...

Quelle: footballcardsuk.com

Montag, 14. November 2011

Die Sachlichkeit des Österreichers

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Für das ballestrische Stimmungsbarometer der Österreicher ist dies eine typische Euphorie-Hysterie-Kurve, welche binnen weniger Tage hin und her pendelt wie tausende Niederösterreicher jeden morgen nach Wien und wieder retour. Genau in diesen Stunden werden dank des Boulevard Millionen von Meinungen „gebildet“. Gratis Bildungszugang für alle! Anfängliche Skeptiker, selbst Peter Linden(!), wurden von der positiven Glückswelle um Marcel Koller überschwappt und drehten, wie ein Fähnlein im Wind, binnen weniger Wochen ihre Skepsis in anhaltenden bis tobende Euphorie, abhängig nach Medium. Und das obwohl der Zürcher noch kein einziges Spiel auf der Betreuerbank absolvierte. Die Messlatte für den Schweizer liegt nach Constantini und Brückner nicht gerade hoch. Und so reicht der profifußballfernen Gesellschaft branchenübliche Dienstreisen für Gespräche und Beobachtungen zum Ritterschlag. Dass mit Fritz Schmid ein Studierter am Bankerl sitzt, freut den Boulevard, komischerweise, auch. Ob das den Verkaufszahlen gut tut? Als „Spaziergänger“ oder „Trottel“ wird seitens des Öfb so schnell wohl keiner mehr benannt werden.

Zugegeben, auch ich bin ein Befürworter des Marcel Koller. Die ersten Eindrücke seiner Ägide waren durchwegs positiverer Natur. Dass der Schweizer aber bis dato für das internationale Geschäft innovative Maßnahmen präsentierte, ist jedoch auch nicht der Fall. Eher wird Versäumtes nachgeholt. Das ist natürlich Grund zur Hoffnung. Aber nicht für überschwängliche Euphorie. Dass er kein „Wunderwuzzi“ sei, hat er bereits mehrmals selbst betont. Die Erwartungen der Bevölkerung jedoch steigen durch überschwänglich positive Berichterstattung immer weiter. Und erreicht bald wieder jene Sphären, die den Teamchefs seit Prohaska die Luft zu atmen raubte. Bleibt eigentlich nur abzuwarten wie die Schlagzeilen von Mittwoch lauten werden. Dass Marcel Koller nämlich fallen gelassen wird wie ein heißer Erdapfel, oder ausgespuckt wie heiße Rösti, kann ihm leicht passieren.

Montag, 7. November 2011

Greek Haircut #2: Naim Sharifi

Nicht nur dem griechischen Staat würde ein Kurzhaarschnitt besser stehen...

Quelle: imscouting.com

Donnerstag, 3. November 2011

Nonstop nonsense

Vor kurzem noch als Vorzeigeformat für hiesige televisorische Fußballdiskussionsrunden gelobt, schoss sich der Doppelpass um Jörg Wontorra, einen Tag vor Halloween ein sattes Eigentor als die Gesprächspartner die Vorkommnisse im Zuge der Pokalbegegnung Dortmund-Dynamo Dresden, nicht mehr intensiv debattierten, sondern unisono mit einer Hexenjagd verwechselten. Dabei muss ich mich wohl besonders bei der Sportredaktion des Orf entschuldigen, schafften es deren Kollegen von Sport1, vormals Dsf, doch glatt, dass gleich fünf von fünf, kurz um, alle Diskussionsteilnehmer der selben Meinung waren. Womit selbstredend letztlich keine aussagekräftige Conclusio der gesamten Debatte herauskommen kann. Dass körperliche Auseinandersetzungen sehr wohl bekrittelt werden dürfen und sollen, ist das eine. Wenigstens der Herr von stern, war jedoch bemüßigt - immerhin - zweimal darauf hinzuweisen, dass Pyrotechnik und Randale zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Was die Gesprächsrunde aber nicht weiter interessierte. Dass mit Martin Kind, Geschäftsführer bei Hannover96, ein Redner ins Kempinski-Hotel geladen wurde, der in Deutschland als Fankritiker erster Güte verschrien ist, bewiesen schließlich auch seine Vorschläge, die Eintrittspreise massiv in die Höhe zu schrauben. Oder Auswärtsfans eben gar nicht mehr zu zulassen. Der Kollege vom stern disqualifizierte sich schließlich doch als er die allseits beliebte Englische Lösung in den Raum warf. Den genauen Wortlaut kann ich nicht mehr zitieren, subsumiert aber: Die haben keine Probleme mehr, dort ist alles eitel Wonne. Und die Stimmung in den Stadien ist auch prima. Wer’s glaubt… Dass die Dresdner mit ihren Fackelwürfen der Szene keinen Gefallen getan haben, sei natürlich erwähnt. Dafür steht die Bewegung freilich nicht. Dass Ultras - wie im Doppelpass felsenfest überzeugt thematisiert - jedoch den Umgang mit Böllern im Stadioninneren legalisieren wollen, zeigt, dass hier ein medial schwergewichtiges Organ Meinung machen möchte. Dass ich diesbezüglich meinen Hut einmal vor den Bayern ziehen würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. Ein kurzes Insert zeigte deren Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, der erklärte, dass der FCB positivere Erfahrungen gemacht hatte, indem man den Dialog suchte und nicht willkürlich mit der Repressionskeule knüppelte. In der Runde fand Rummenigges Zitat aber freilich wenig Resonanz.

Greek Haircut #1: Steffen Freund

Nicht nur dem griechischen Staat würde ein Kurzhaarschnitt besser stehen...

Quelle: 100schalkerjahre.de

Freitag, 21. Oktober 2011

Tulpen gegen Veilchen

Rapid darf sich am Sonntag warm anziehen. Der Stadtrivale zeigte gestern Abend beim niederländischen Tabellenführer Alkmaar eine ansehnliche Leistung, die beinahe sogar mit drei Punkten belohnt wurde. Die violette Defensive konnte dem Druck schlussendlich aber nicht Stand halten.

Zudem sei gesagt, dass besonders die AZ-Offensive - bis auf die Anfangsphase - im ersten Durchgang blass blieb. Das Sturmtrio Beerens-Benschop-Gudmundsson war bei seinen Bewachern sehr gut aufgehoben. Die Wiener standen besonders in der Defensive kompakt, unter anderem auch, weil die gesamte Elf beim Verteidigen half. Und immer wieder konnten die quirligen und technisch starken Junuzovic, Jun und, ganz besonders, Barazite einen Konter fahren. Die Führung für die Gäste gelang allerdings durch ein Eigentor des Innenverteidiger Marcellis, der den Ball nach einer Ecke unhaltbar ins eigene Netz abfälschte.

Dass Karl Daxbacher seine Mannschaft aber auch im Offensivspiel taktisch gut eingestellt hatte, bewies nur wenige Momente später das 0:2. Ein schöner Lochpass auf Barazite, ermöglichte dem Niederländer den Ball in den Rückraum abzulegen. Wie einstudiert, stand dort bereits Jun, dessen Schuss allerdings von der Abwehr geblockt wurde. Den Abpraller ließ sich der junge Gorgon nicht nehmen.

Mit der Wut im Bauch kam die Mannschaft von Gertjan Verbeek aus der Kabine. Auch die Fans versuchten die Mannschaft nach Wiederanpfiff noch einmal zu pushen. Dabei möge nicht unerwähnt bleiben, dass der Erfinder dieser in Alkmaar und Salzburg benutzten „Klatschersatzdinger“ in der Hölle schmoren möge. Die Unterstützung von den Rängen stellte sich allerdings nach einer Viertelstunde ohne niederländischem Torerfolg wieder ein. Die Defensive der Violetten stand gut, bis hierher.

Bis auf ein korrekterweise wegen Abseits aberkanntes Tor und einen Weitschuss von Barazite vollbrachte die Offensive im zweiten Spielabschnitt nichts Nennenswertes. Der Anschlusstreffer in der 80. Minute offenbarte aber Folgen einer bis dahin defensiv guten Leistung. Zumal sich die Mannschaft bereits in Malmö zu früh auf das Absichern des Vorsprungs konzentrierte, tat sie es gestern erneut; dem schnelleren und taktisch höheren Niveau zollte die violette Defensive mit Konzentrationsmängeln in der Schlussphase Tribut. So verlagerte AZ mit einem Pass im Mittelfeld bereits früh das Spiel auf den rechten Flügel. Die violette Defensive verschob allerdings erst gegen den Ball, als Lewis bereits in den Strafraum eindrang. Den Stanglpass drückte schließlich Hlinka über die eigene Linie.

Der Knackpunkt in einer Partie, in der AZ wohl aus eigenen Kräften nicht mehr zurück gekommen wäre, weil die Defensive des Bundesligisten bis auf diese eine Situation gut stand. Verunsicherung machte sich in der Folge bei den Innenverteidigern Ortlechner und Margreiter breit. Und nur drei Minuten später scherzelte Wernblom den Ball zum zweiten Mal vorbei an Torwart Grünwald, diesmal nach einer Ecke. Die Niederländer drückten noch auf das Siegtor, erneut Wernblom verpasste die Kugel aber um Haaresbreite allein vor Grünwald.

Unterm Strich verkauften sich die Favoritner gegen den niederländischen Tabellenführer teuer. Im ersten Durchgang waren sie das bessere Team. In der zweiten Hälfte wurde AZ seiner Favoritenrolle schon eher gerecht und legte das Image, eines überheblichen Bengels ab. Verbeeks Jungs trauten sich offensiv mehr zu, standen insgesamt höher und nagelten ihre Gegner bereits am Sechzehner fest. Auch das Kurzpassspiel klappte nach Seitenwechsel besser, während in den ersten fünfundvierzig Minuten oftmals, untypisch für niederländische Mannschaften, mit langen Bällen operiert wurde. Da die violette Defensive aber vor allem im Zentrum äußerst kompakt stand und den eigenen Strafraum stets unter Kontrolle hielt, kann man von einem unnötigen Punktverlust sprechen. Auch, dass Daxbacher nach dem ersten Verlusttor nicht mit etwaigen Spielerwechseln etwas Elan aus dem Angriffsspiel der Niederländer nahm, sei zu bekritteln.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Stadionbau: Ein bisschen Spektakel ist erwünscht

Die Fußball-WM in Katar findet zwar erst 2022 statt - über die Stadien-Neubauten wird aber schon heute diskutiert. Zwei Architekten über Sinn und Zweck solcher Bauten.

Es gibt Fußballstadien, die schauen aus wie Fußballstadien. Und dann gibt es welche, die vor allem eines sind: spektakulär. Die Stadien, die für die WM 2022 in Katar gebaut werden, fallen in die zweite Kategorie. Entworfen wurden sie vom Frankfurter Architekturbüro Albert Speer. Doch wer braucht solche (sportlichen) Kunstwerke? Und wie viel Eitelkeit seitens der Architekten ist hier im Spiel? Antworten auf diese Fragen lieferten Andreas Hild von Hild und K Architekten in München und Axel Bienhaus vom Architekturbüro Albert Speer auf der Expo Real.

„Das Problem ist das Denken in Bildern“, sagt Hild, der diese „Spektakulär-Architektur“ kritisch sieht. „Was ein Gebäude können muss, das zählt nicht - sondern nur, wie es ausschaut.“ Er ist überzeugt: „Auf Spektakularität können wir verzichten.“ Bewährte Architektur kann durch solche Projekte nicht ersetzt werden. „Zwischendurch kann das mal sein, etwa um eine Vision zu formulieren“, sagt Hild.

Wie bewohnbar ist das?
Bienhaus sieht das ähnlich. „In erster Linie kommt es darauf an, welche Funktion ein Objekt erfüllen muss. Bei vielen Projekten frage ich mich aber: Was können die? Warum muss das Haus schwimmen? Wie bewohnbar ist das?“ Laut Hild muss zukunftsweisende Architektur in der Lage sein, Dinge am Standard zu lösen. „Bevor wir Städte in den Untergrund oder auf das Wasser legen, sollten wir die städtebaulichen Probleme von heute lösen.“

Doch der kritische Zeigefinger muss längst nicht bis nach Katar zeigen. Auch in Deutschland hat man sich an spektakulärer Sportarchitektur versucht - siehe Allianz Arena in München. „Da wollte sich Bayern München auch in der Architektur wiederfinden. So viel anders ist das in Katar nicht“, sagt Bienhaus. Kritik an den WM-Stätten in Katar musste er sich schon des Öfteren anhören - nachvollziehen kann er sie nicht. Themen wie Nachhaltigkeit und Kapazitätsauslastung nach der WM wurden immer in die Planung einbezogen. „Wir wollten nie eine Sportinfrastruktur schaffen, die dann ungenutzt in der Wüste steht.“ Die Standortauswahl ist demnach ein wesentlicher Aspekt bei der Nachhaltigkeit.

Große Chancen
„Schwimmende Stadien“ wie das von Architekt Michael Burt sind laut Bienhaus nur auf den ersten Blick eine Alternative zum Neubau. „Es geht um sehr viel mehr - um Infrastruktur, um Wohnungen. All das löse ich nicht, wenn ich ein Stadion auf einem Schlauchboot ranschleppe.“ Laut Bienhaus würden Städte dadurch eine große Chance vertun. In London wurden gleich mehrere einst schwierige Stadtteile im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2012 aufgewertet. Ohne hin sei der Stadionbau nur ein sehr kleiner Teil eines sportlichen Großprojekts.

Probleme mit der Nachnutzung gibt es nur, wenn Strukturen geschaffen werden, die nicht auf den lokalen Markt zugeschnitten sind. Deutschland habe das geschafft - in Südafrika ist das nicht gelungen. Bienhaus: „In Katar werden die Stadien an „Entwicklungs-Hotspots“ errichtet und sicher nicht in einer Sackgasse.“ Dennoch bestätigt er, dass Sportprojekte immer schwierige Immobilienprojekte sind. „In der Regel spielen sie nicht ein, was sie kosten. Das ist eine Investition in das Gemeinwesen, die sich nicht hundertprozentig rechnen muss.“



Info-Box: WM-Stadion um 2,2 Milliarden €

„Expect Amazing“ lautet der Slogan der Fußball-WM in Katar. Ein Blick auf die Stadienentwürfe zeigt: Hier wird nicht zu viel versprochen. Drei Stadien werden ausgebaut, neun neu errichtet. Entworfen wurden sie vom deutschen Architekturbüro Albert Speer & Partner. Die Planer versprechen: Wir werden die ersten CO 2-neutralen Stadien der Erde bauen.

Ein Großteil der benötigten Energie soll aus Solartechnik bezogen werden. Die Höchsttemperatur in den Stadien wird 27 Grad nicht überschreiten. „Wir hätten das Projekt nicht gemacht, wenn es nicht ein gescheites Konzept für die Klimatisierung oder auch ein ausgeklügeltes Verkehrskonzept gegeben hätte“, sagt Axel Bienhaus, Architekt von AS & P (siehe Artikel oben).

Alle Stadien werden innerhalb einer Stunde erreichbar sein - die Wege werden demnach so kurz wie nie zuvor sein. Ein Metro-Netz mit einer Gesamtlänge von 320 Kilometern wird derzeit von der Deutschen Bahn AG geplant und 2021 fertig gestellt sein. Einige Stadien werden auch per Wassertaxi erreichbar sein. Schätzungen zufolge kosten die Stadien zwischen 2,2 und 3 Milliarden €.

Wasserstadion. Warum Sportstätten neu bauen, wenn sie ohnehin nach wenigen Wochen wieder leer stehen, dachte Architekt Michael Burt vom Technion Isreal Institute of Technology. Er hat ein schwimmendes Stadion in Leichtbauweise für bis zu 150.000 Zuschauer entworfen, das auf dem Seeweg zu den Austragungsorten gebracht werden kann. Für die Verbindung zum Land sollen Piers und Pontonbrücken sorgen. Unklar ist freilich, wer das „wieder verwertbare“ Stadion finanziert und zwischen den Events in Schuss hält.



Quelle: Wirtschaftsblatt von Freitag, 14. Oktober 2011; Seite 13

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Quo vadis, Orf-Sportredaktion?

Michael Roscher beglückte uns gestern Abend wieder mit seinen geistigen Ergüssen. Wie jeder andere Sportkommentator im Öffentlich Rechtlichen halt auch. König, Polzer, Kastner-Jirka, De Ryan. Die Bandbreite ist groß, Qualität rar. Ein brünftiger Schrei, gefolgt von Sekundenlanger Stille. So in etwa wird beim Staatsfernsehen eine Tormöglichkeit kommentiert. Vielleicht sollen aber auch nur Emotionen transportiert werden. Zudem hat es den Anschein, dass niemand von den Genannten großartig Lust auf die „Osttournee“, wie die Reise nach Aserbaidschan und Kasachstan immerwährend im Boulevard benannt wurde - und eben auch im Orf -, hatte; Roscher darf durch aus als Blinder unter den Einäugigen genannt werden. Einzig Rainer „Die Hose“ Pariasek gab sich für die Reise ebenfalls einen Ruck. Analytisch garniert, gestern, durch Mählich und Schinkels. Früher auch schon durch Zsak. Oder eben einem anderen rhetorisch äußerst begabten, aber ehemaligen Ballesterer. Die fachliche Speerspitze wie sonst auch, Schneckerl Prohaska. Wie fachlich aussagekräftig diese Analysen sind, bleibt jedem selbst zu beurteilen, was für einen Aufschließungsgrad er oder sie durch Erklärtes eben hat. Der Grundgedanke der „neuen“ Fußball Arena fortschrittlich. Wobei eher: Zurück in die Zukunft. Eine mittelmäßige Kopie des Hangar-Talks oder Talk und Tore - wobei sich schon diese mühen, sich irgendwie an das Niveau deutscher Fußballdiskussionsformate wie Doppelpass oder der Sportschau heranzutasten - versucht zwanghaft den Fußball auf eine fachlich gehobenere Ebene zu befördern. Zumindest versucht es das Staatfernsehen. Was auf Grund der knappen intellektuellen Spitze im österreichischen Fußball natürlich nur schwierig zu bewerkstelligen ist. Wie der Standard korrekt anmerkt, ist es nur schwer möglich eine konstruktive Teamchefdiskussion in Gang zu bringen, wenn fünf von sieben Beteiligten kategorisch Contra sind. Und sowieso: „Taktik ist überbewertet“, „des jetzt amol aso“. Oder so irgendwie. Über was soll also noch sachlich seriös debattiert werden? Mit Peter Simonischek und Michael Schottenberg, bestimmt zwei herausragende Persönlichkeiten aus dem Schauspiel, lädt man aber bereits in der zweiten Episode einer zwanghaft inszenierten Diskussionsrunde zwei Gäste ein, die mit Fußball genauso viel am Hut haben, wie wohl Andi Ogris mit dem Burgtheater. Insofern hat der Schneckerl mit seinem finalen Augenzwinkern Recht. „Gute Nacht!“

Richter Rasen begrünt polnische Fußballstadien

Deutsch Brodersdorf. Wenn kommenden Sommer die Bilder der Fußball-EM in Polen und der Ukraine übertragen werden, wird darauf auch ein Stückchen Deutsch Brodersdorf zu sehen sein. Denn so manche Rasen läche, die bei der EURO 2012 zum Einsatz kommt, stammt von dort bzw. genau genom en aus Parndorf oder einem Vorort von Bratislava, wo die Richter Rasen GmbH mit Sitz in Deutsch Brodersdorf ihre Anbauflächen hat.

So hat das niederösterreichische Unternehmen bereits die ukrainischen EM-Stadien Kiew, Donezk und Lemberg mit seinem Fertig asen ausgestattet. Aufträge aus Polen sollen noch folgen: "Wir verhandeln derzeit und sind recht zuversichtlich, dass man auch in Polen auf unseren Rasen zurückgreift", sagt Alexander Richter, der den 1906 gegründeten Familienbetrieb in vierter Generation führt.

Holländer am Zug. Derzeit freilich sind in Polen die Holländer am Zug. Sie haben etwa für die Spielarena Danzig Rollrasen geliefert. Richter: "Aber bis zum Frühjahr werden die Polen vielleicht draufkommen, dass der holländische Rasen zwar billiger ist, aber nicht dieselbe Qualität hat." Und dann könnten die Fußballfelder sehr rasch mit Richter Rasen, der laut Eigenangaben von der UEFA als Qualitäts monopolist für Fußballrasen eingestuft wurde, begrünt werden. Richter: "Der Rasen ist im Vergleich zum Hochbau ja günstig. Aber wenn der Rasen nicht stimmt, bringt das einen Imageschaden." Durchschnittlich kostet ein Fußballrasen (inklusive Aufbau und Bodenheizung) zwei Millionen €. Erfahrung in Polen hat das Unternehmen, das etwas mehr als 40 Mitarbeiter zählt, schließlich schon. In der Vergangenheit hat es bereits zwölf polnische Fußballstadien mit Fertigrasen bestückt.


Quelle: Wirtschaftsblatt von Montag, 10. Oktober 2011; Seite 9

Freitag, 7. Oktober 2011

Sängerknaben in Kurvenlage #5: Johann Krankl

Noch vor Cordoba veröffentlichte Johann K. seine ersten Scheiben. In dem Interview philosophiert der eventuell noch werdende Wirtschaftssoziologe in Selbstreflexion über die Bedeutung des Geldes und die damit einhergehenden materialistische, wie soziale Statusaufwertung.


Donnerstag, 6. Oktober 2011

Die Bundesliga plant die Energiewende

Nach Jahren des Zögerns investieren deutsche Fußballklubs verstärkt in Umwelttechnik für ihre Sportstätten.

Ingmar Höhmann. Köln. Der Anlagenbauer Imtech hat Platz eins im Blick. Das Hamburger Unternehmen will das Stadion des HSV zur energieeffizientesten Arena der Fußballbundesliga machen. Seit 2010 ist Imtech Namenssponsor der Sportstätte - und hat diese auf Energieeffizienz getrimmt: Eine bessere Rasenheizung, neue Lampen und moderne Gebäudetechnik helfen nun beim Stromsparen. Binnen acht Monaten sank der Energieverbrauch um 35 Prozent. Für den HSV rentiere sich das Projekt nach zwei bis drei Jahren, sagt Rolf-Jürgen Merz, Direktor des Kompetenzzentrums Stadion- und Arenatechnik bei Imtech. „Jeder Stadionbetreiber, der das wirtschaftliche Potenzial beim Energiesparen nicht erkennt, lässt richtig Geld liegen.“

Ein grünes Stadion im hohen Norden - bei den Betreibern von Sportstätten stößt das HSV-Projekt auf Interesse. Diese Woche beginnt Imtech mit der Modernisierung der Mercedes-Benz Arena des VfB Stuttgart, bei weiteren großen Stadien stehen die Verhandlungen vor dem Abschluss.

Solarmodule auf dem Stadiondach. „Das Thema steht bei Vereinen und Kommunen ganz oben auf der Liste“, sagt Joachim Thomas, Vorsitzender der Vereinigung deutscher Stadionbetreiber. Ein Vorzeigeprojekt ist die neue Coface Arena in Mainz: Hier ist etwa Wärmerückgewinnung von Anfang an Teil der Planung, auf dem Stadiondach stehen 11000 Solarmodule. Ein Vorreiter in Sachen Energieeffizienz ist der FC Augsburg, der seine SGL Arena bereits 2007 umbauen ließ.

Dass sich Investitionen in ältere Stadien so rasch amortisieren zeigt auch, dass Energieeffizienz lange keine große Rolle spielte. „Im WM-Jahr 2006 hatte Deutschland zwar die funktionalsten, aber nicht die effizientesten Arenen der Welt“, sagt Natalie Eßig, Leiterin der Arbeitsgruppe Sportstättenbau bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). „Beim Bau standen die Themen Umwelt und Energie nicht im Mittelpunkt. Viel wichtiger war es etwa, die Stadien rechtzeitig fertigzustellen.“

Dabei gab es schon Vorbilder: Die Olympischen Spiele 2000 in Sydney hatten Maßstäbe gesetzt. Solardächer lieferten Strom, Energiesparlampen waren Standard und Wassertanks speicherten Regen. „Wer ein Stadion nachhaltig betreiben will, muss mehr tun als einen Ökostromanbieter wählen", sagt Eßig. "Dazu zählen umweltfreundliche Baumaterialien, wassersparende Armaturen, der Verzicht auf beheizte Außensitze und eine nachhaltige Abfallbewirtschaftung.“

Weil Standards fehlen, lässt sich eine aussagekräftige Ökobilanz von Stadien bislang nicht ermitteln. Die DGNB will Abhilfe schaffen und arbeitet an einem Siegel für nachhaltige Sportstätten. Auch Verbände helfen weiter. Der Landessportbund Hessen berät Klubs und Kommunen beim Betrieb ihrer Sportstätten in Energie- und Umweltfragen. Für die Finanzierung von Umbauten bietet das Land Fördermittel.

Der Versorger Mainova hat auch für die Fans ein Angebot. In der Tiefgarage der Commerzbank-Arena von Zweitligist Eintracht Frankfurt hat er zwei Tankstellen für Elektroautos eingerichtet. Besucher können hier ihre Autobatterie mit Ökostrom aufladen. Für Mainova ist die Aktion auch Werbung für die jüngst verlängerte Partnerschaft mit der Eintracht. Seit Juli versorgt das Unternehmen die Arena mit Strom, Gas und Wasser - nach eigenen Angaben komplett CO2-neutral.



Quelle: Handelsblatt von Donnerstag, 06.Oktober 2011; Seite 52

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Sängerknaben in Kurvenlage #4: Ohio University

Der Beitrag wäre eventuell etwas für die Halbzeitunterhaltung bei Red Bull Salzburg. Trotzdem top.

(Team)chefsache

Die Roulette blieb gestern Mittag, eigentlich eh schon vorgestern, stehen. Und die Kugel fiel auf Marcel Koller. Im Casino würde das etwa der Null entsprechen. Niemand rechnet damit, die Wahrscheinlichkeit ist aber genau dieselbe wie bei jeder anderen Zahl, oder eben Trainerkandidaten. Okay, es gab schon Favoriten und Außenseiter auf den Posten, der Schweizer Koller, zählte eher zu zweiteren. Wenn überhaupt. Und irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass der Boulevard, im Speziellen der kleinformatige, schon jetzt negative Zeilen über den Außenseiter schreibt, nur weil dieser durch den für Österreichische Teamchefs ungewohnten Lebenslauf - Josef Hickersbergers Tausend und eine Nacht mal außen vor gelassen - irritiert ist, ähnlich wie das Grün der Null beim Roulette für Irritation sorgen soll, um bei der selben Metapher zu bleiben. Das Koller diese Null nicht sein wird, bleibt auch mir natürlich nur zu hoffen, dem Anschein nach, so vermittelt die Journaille, startet Koller aber mit einem 0:2-Rückstand.

Dabei wird natürlich einmal mehr dem Herzerl nachgetrauert, der bereits zum dritten Mal übergangen wurde. Wohl mangels Erfahrung. Zu Recht. Auch die populistischste Lösung, einfach den Meistertrainer Franco Foda zu installieren, ging in die Hose. Der hatte wohl keinen Bock seinen Stab nicht selbstständig aussuchen zu dürfen. Auch verständlich. Kurt Jara? Kollers zweijährige Arbeitslosigkeit wird bekrittelt. Über Jaras fünfjähriges Intermezzo hinweggesehen. Paul Gludovatz wäre im österreichischen Pool noch die annehmbarste Wahl gewesen. Als Fan der Öfb-Riege zählt der Burgendländer aber nicht unbedingt. Weitere nationale Kandidaten wären die 96er-Helden von Rapid gewesen: Schöttel, Stöger, Kühbauer. Nicht minder erfahren als Herzog, mangels Lobby aber wohl keine ernst zunehmenden Alternativen. International gesehen, wäre Lars Lagerbäck kein schlechter Griff gewesen. Besonders als Teamchef hätte er massig Erfahrung mitgebracht. Zehn Jahre Schweden, mit Nigeria eine Weltmeisterschaft. Von seiner eigenen Fadesse überzeugt, wäre der Schwede mangels Constantinischem Schmähs aber kein Toller für unseren Boulevard. Christoph Daum als Fachmann sicherlich anerkannt, hatte in den letzten Jahren in Köln, Istanbul und Frankfurt zwar auch nur mäßigen Erfolg, wäre für den österreichischen Fußball aber sicherlich kein Schritt in die falsche Richtung gewesen. Mit Otto Rehagel wäre eventuell der Europameistertitel drin. Im Nachwuchs müsste aber zuerst wieder das Liberospiel gelehrt und Bürschchen unter ein Meter neunzig aussortiert, Wien darf ja nicht Barcelona werden. Marco Pezzaiuolis Namen wurde anfangs wenige Male genannt. Der Konzepttrainer war Windtner und Co. wohl doch zu heiß, weil zu unverbraucht. Und als in Deutschland der Name Matthias Sammer mit dem Öfb in Verbindung gebracht wurde, sorgte dies nur für müde Schmunzler. Die zuletzt spekulierten und üblichen Kandidaten wären dann auch schon genannt. Vielleicht noch Huub Stevens, um den es aber auch schon zu spät war. Loddar Matthäus hätte den Job garantiert gemacht. Manfred Zsak bestimmt. Andi Ogris eventuell. Heli Kraft war bis vor kurzem auch noch frei. Den boulevardschen Vorwürfen zum Trotz müssten dies alles idealere Trainer als Koller sein. Weil Koller ja eben bei Null anfängt. Nett, dass solch eine Besorgnis gezeigt wird, ob der Neo-Teamchef in unserer spielerisch hochwertigen, strukturstarken Fußballlandschaft den Durchblick bis zum Start der WM-Qualifikation in einem Jahr finden wird. Doch schon jetzt wird ihm die Sicht mangels ausreichender Haberie verdeckt.

Österreichs Eurovision lebt!

Trio im Euro-Fieber: Austria, Sturm & Salzburg

GLORY DAY. Die ÖFB-Klubs erobern einen fünften EC-Startplatz und mischen beim Thriller um einen CL-Fixplatz 2014 voll mit.

So ein Tag, so wunderschön wie heute!" durften Österreichs Fußballfans am Donnerstag singen. Es war ein „Glory Day“ für den österreichischen Fußball, der so schnell auch nicht vergehen dürfte. Satte 1,5 Punkte brachten die jüngsten Europa-League-Siege von Sturm, Austria und Salzburg für die 5-Jahres-Wertung.

Zweiter CL-Quali-Platz. Was die SportWoche bereits in der Coverstory in Heft 34 ankündigte, steht nun so gut wie fest. Österreich darf ab 2013 mit einem fünften Verein im Europacup und einem zweiten Klub in der Champions-League-Quali antreten. Denn: Österreich wird diese Saison in der 5-Jahres-Wertung in den Top-15 abschließen. Realistisch gesehen könnte nur Zypern dieses Szenario verhindern. Dafür müsste Apoel Nikosia aber zumindest ins Champions-League-Viertelfinale vorstoßen und die ÖFB-Klubs gleichzeitig praktisch alle übrigen Spiele verlieren.

CL-Fixplatz 2014? Ebenso wenig wahrscheinlich ist allerdings, dass Österreich schon für 2013 einen Fixplatz in der Champions-League erobert. Dafür müssten die rot-weißroten Eurofighter in der 5-Jahres-Wertung in die Top-13 vordringen, die Schweiz weiter hinter sich lassen und Dänemark überholen. Auf die Dänen fehlen uns derzeit 2,850 Zähler. Aufholbar ist dieser Polster heuer nur, wenn Kopenhagen und Odense das Europa-League-Achtelfinale verpassen und gleichzeitig zumindest zwei ÖFB-Klubs die Gruppenphase überstehen. Dafür ist Österreich im Rennen um einen CL-Fixplatz 2014 voll dabei.

Ein Thriller um die Plätze. Die Ausgangsposition könnte spannender nicht sein. Nächstes Jahr fallen in der 5-Jahres-Wertung die Punkte von 2007/08 heraus. Damit schließt Österreich (hat in dieser Saison kaum Punkte zu verteidigen) automatisch auf die schärfsten Rivalen um einen CL-Fixplatz auf. Türkei, Griechenland, Belgien, Dänemark und die Schweiz gilt es heuer und 2012/13 im Europacup abzuhängen bzw. zumindest mit diesen Nationen mitzuhalten. Gefährlich könnte langfristig auch noch Israel werden, die mit Maccabi Haifa, Hapoel Tel Aviv und Maccabi Tel Aviv in der Europa League vertreten sind und (ähnlich wie Österreich) kaum Punkte aus der Saison 2007/08 (2,375) zu verteidigen haben. Im direkten Vergleich mit unseren härtesten Gegnern um einen Top-13-Platz schneiden wir bisher hervorragend ab.

Belgischer Traumstart. Von den CL-Fixplatz-Kandidaten 2014 haben heuer nur die Belgier noch mehr Punkte als Österreich für die 5-Jahres-Wertung erobert. Alle belgischen Europa-League-Starter (Anderlecht, Lüttich und Brügge) führen ihre Europa-League-Gruppe an. Mit dieser Top-Performance hat Belgien seinen CL-Fixplatz für 2013 abgesichert und Österreich vorerst auf Distanz gehalten. Weggebrochen sind hingegen die Dänen, die im Rennen um einen CL-Fixplatz 2014 weitere 1,975 Zähler (durch die herausfallenden Punkte 2007/08) auf Österreich verlieren und netto nur noch einen Punkt vor den ÖFB-Klubs liegen. Die vom Wettskandal gebeutelte Türkei kann nur mit einem Lauf von Trabzonspor in der Champions League einen Absturz im Ranking verhindern. Auch die Griechen kämpfen mit einem Tief.



Quelle: SportWoche von Dienstag, 04. Oktober 2011; Seite 14

Fernsehen ohne Grenzen

Von Hans-Jürgen Jakobs

Immer diese Griechen. Bislang hatte die Regierung in Athen europäische Verwirrung ausgelöst, mit ihren nicht gehaltenen Versprechungen in Sachen Staatshaushalt. Nun macht ein griechischer Pay-TV-Anbieter namens Nova in Europa von sich reden, weil er für kleines Geld die Senderechte an der großen englischen Fußballliga gekauft hat. Die Decoderkarte dieser Firma kann auch in Großbritannien eingesetzt werden, wo der Fußballverband die dort kostbaren Rechte natürlich für wesentlich mehr Geld an das britische Fernsehen verkauft.

Aus diesem Umstand zog Karen Murphy einen Nutzen. Die Dame aus Portsmouth dürfte die derzeit bekannteste Gastwirtin des Landes sein, weil sie recht bekam vor dem Europäischen Gerichtshof und weiter mit Hilfe der billigen griechische Decoderkarte den teuren englischen Fußball ansehen darf - in Großbritannien. Sie spart so fast 4700 Euro im Jahr an Gebühren, die der Londoner Pay-TV-Betrieb BSkyB gerne kassiert hätte. Er hat vom Verband ein Exklusivrecht für Großbritannien bekommen.

Solche nationalen Privilegien gibt es aber in einem Binnenmarkt nicht, der vom freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen ausgeht. Es gibt eben nicht nur eine gemeinsame Währung, es gibt auch eine gemeinsame Wettbewerbsphilosophie. Auch Pay-TV-Zuschauer müssen demnach die Chance haben, das billigste Angebot konsumieren zu können. Auswahl ist die Würze der Marktwirtschaft. Das müsste dann im Übrigen auch für die Spielfilme und TV-Programme der großen Hollywood-Studios gelten, die in Europa zu ganz unterschiedlichen Preisen verkauft werden.

Das europaweite Monopolwesen bei Fußball und Fernsehen, einem der hochattraktiven Produkte der Unterhaltungswirtschaft, verstößt erkennbar gegen die Logik des Binnenmarkts. Es stimmt ja: Wenn jeder in der Europäischen Union sich ein Auto oder eine Tablettenschachtel aus dem Ausland besorgen kann, ist es schwer einzusehen, warum dies nicht auch bei Bezahlfernsehprogrammen gelten soll. Europa kann nicht in abgeschottete Einzelmärkte aufgeteilt werden. Die "ganz gefährlichen Zeiten", die jetzt angeblich auf den europäischen Fußball zukommen, wie FC-Bayern-München-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vermutet, werden wohl auch nicht anbrechen.

Es bleibt ja dabei, dass auf wichtigen TV-Märkten die Fußball-Verbände zentral für die Klubs die wertvollen Rechte vermarkten und dabei in einem Bieterwettstreit die interessierten Sender hochjagen. In diesem exklusiven Kreis ist es ganz einfach, mit den Folgerungen aus dem Europa-Urteil zum Pay-Fernsehen fertig zu werden: Man muss nur die Bedingungen ein wenig ändern, beispielsweise, indem man hohe Mindestpreise vorschreibt oder gleich paneuropäische Rechte für den Kontinent vergibt. Wenn Frau Murphy in ihrer Kneipe "Red White & Blue" dann also weiter mit der griechischen Firma Nova im Geschäft bleiben würde, müsste die den gleichen Preis wie bei BSkyB zahlen, was natürlich keinen Sinn macht. Da kann sie auch wieder den englischen Anbieter wählen, dem sie einst gekündigt hat.

In Wahrheit ist, wenn das Urteil des Europäischen Gerichtshofs später vom High Court in London bestätigt wird, nur das Auslandsgeschäft eines Fußball-Verbands beeinträchtigt. Denn warum sollten die griechischen Sportbegeisterten so viel Geld für die Premier League ausgeben wollen wie die Fans in England?

In Deutschland geht es um rund 30 Millionen Euro. Das ist die Summe, die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) jährlich für die Klubs im europäischen Ausland erwirtschaftet wird. Sie dürfte kräftig sinken. Das ist wirtschaftlich eine Einbuße, die Fußball-Landschaft würde bei einem DFL-Gesamtumsatz von 400 Millionen Euro aber nicht verändert. Die Auswirkungen sind, Stand heute, nicht zu vergleichen mit jenen des berühmten Bosman-Urteils von 1995: Es legte fest, dass Profifußballer nach Vertragsende ablösefrei zu einem anderen Klub wechseln dürfen, und Restriktionen für ausländische Kicker in den jeweiligen nationalen Ligen verboten sind. Auch hier hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, und zwar im Fall des belgischen Fußballers Jean-Marc Bosman.

Für die Fußball-Fernsehbranche gilt jetzt also nicht Murphys Gesetz ("alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen"). Wer sich vom Sieg der Pub-Besitzerin Karen Murphy verspricht, dass künftig die Abonnentenpreise einbrechen, weil es zu einem lebhaften Wettbewerb kommt, der wird enttäuscht werden. Die Preise würden nur sinken, wenn viele Sender um die Rechte vieler Klubs rangelten, also das System der Zentralvermarktung ins Wanken gebracht würde. Das ist aber nicht zu sehen.

Zunächst werden nur die Rechte-Inhaber viel Arbeit bekommen, viele Anwälte werden sich über Extraerlöse freuen dürfen. Das Urteil ist eine Überraschung, eine Revolution löst es nicht aus. Von daher gesehen ist die Aktie des deutschen Pay-TV-Anbieters Sky am Dienstag zu früh abgestraft worden: Sie büßte zwischenzeitlich um bis zu zehn Prozent ein.



Quelle: Süddeutsche Zeitung von Mittwoch, 05. Oktober 2011; Seite 4

Sonntag, 2. Oktober 2011

Fußball im Fernsehen könnte für die Fans billiger werden

Generalanwältin am EuGH hält die Verkaufspraxis der Fernsehrechte für Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit

theu. LONDON, 30. September. Eine Kneipenwirtin aus dem englischen Portsmouth könnte zum Schrecken des europäischen Profifußballs werden. Karen Murphy wollte in ihrem Pub "Red White and Blue" die Spiele der englischen Premier League zeigen. Aber die streitbare Gastwirtin sah nicht ein, dem britischen Bezahlsender BSkyB für die entsprechende Lizenz rund 10 000 Pfund im Jahr zu überweisen. Deshalb besorgte sich Murphy einen Satelliten-Decoder des griechischen Abonnementsenders Nova, der die Premier League ebenfalls zeigte, aber nur einen Bruchteil der Sky-Gebühren verlangte - und der Ärger begann. Nach jahrelangem Rechtsstreit will am Dienstag der Europäische Gerichtshof in Luxemburg sein Urteil in dem Präzedenzfall verkünden. Es könnte im Milliardengeschäft des europäischen Fußballs ein Erdbeben auslösen.

Wenn Karen Murphy recht bekomme, stünden dem Profifußball "gefährliche Zeiten" bevor, warnt Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des deutschen Rekordmeisters FC Bayern München, und prophezeit ein ruinöses "Preis-Dumping" im Verkauf von Fernsehübertragungsrechten. Der Präsident des europäischen Fußballverbands Uefa, Michel Platini, fürchtet, dass das Urteil "die ganze Fußball-Landschaft verändern" könnte. Die Gastwirtin Murphy interessiert das allerdings wenig: "Wenn ich ein Auto kaufen will, kann ich zu jedem Händler in jedem Land gehen. Wenn ich Fußball sehen will, kann ich nur zum Sky-Händler gehen und muss dort zehnmal mehr zahlen."

Das Urteil des höchsten europäischen Gerichts wird mit Spannung erwartet und die Vorzeichen sind für die Fußballbranche nicht günstig. Die zuständige Generalanwältin Juliane Kokott hat sich im Februar in ihrem Schlussantrag auf die Seite der Gastwirtin gestellt und die Luxemburger Richter folgen in der Mehrheit der Fälle dieser Empfehlung. Aus Sicht der deutschen Juristin Kokott verstößt die Premier League gegen die Dienstleistungsfreiheit in der EU, wenn sie die Pub-Wirtin daran hindern will, die Fußball-Übertragungen vom Anbieter ihrer Wahl zu beziehen. Der Fußballverband versuche damit, den europäischen Binnenmarkt zu unterlaufen. Die Premier League selbst pocht dagegen auf ihren Urheberrechtsschutz: Der griechische Bezahlsender verstoße gegen vertragliche Vereinbarungen, wenn er auch Abonnenten in England bediene.

Für Fußballvereine und Fans geht es um viel Geld. Wenn die Premier League tatsächlich unterliegen sollte, dürften die Abonnementpreise im europäischen Bezahlfernsehen auf breiter Front purzeln. Denn bisher können die Fußball-Ligen durch den Verkauf von exklusiven Übertragungsrechten in den einzelnen Ländern Monopole schaffen. In Zukunft könnten die Richter dagegen einen europaweiten Wettbewerb erzwingen. Bundesliga-Fans können dann möglicherweise Bezahlfernseh-Abonnements nicht nur beim deutschen Sky-Ableger, sondern auch bei ausländischen Anbietern abschließen, die internationale Übertragungen via Satellit oder Internet anbieten. Mehr Konkurrenz aber lässt auf niedrigere Preise hoffen.

Was die Fans freut, ist für die Vereine ein finanzieller Albtraum. "Die Preise für Übertragungsrechte würden massiv unter Druck geraten", heißt es in Branchenkreisen. Damit würde eine der wichtigsten Ertragssäulen des Profifußballs wegbröckeln: In Deutschland machen die Fernseherlöse knapp ein Drittel der Gesamteinnahmen der Clubs aus. In Großbritannien, Frankreich und Italien sogar mehr als die Hälfte.

In der Zentrale der Deutschen Fußball Liga hieß es am Freitag zu dem brisanten Rechtsstreit nur: "kein Kommentar". Auch Sky hält sich kurz vor der Urteilsverkündung bedeckt. "Aus jeder möglichen Veränderung ergeben sich neben Risiken auch Chancen", sagte ein Unternehmenssprecher lediglich. Der Bezahlsender könnte wohl niedrigere Einkaufspreise für die Übertragungsrechte einfordern, wenn deren Exklusivität durch Konkurrenten geschmälert würde.

In der Bundesliga hält man es inzwischen für einen Fehler, dass die Premier League die Kneipenwirtin Murphy vor Gericht gezerrt hat. "Damit haben die möglicherweise ein Eigentor geschossen", sagt ein Beteiligter. Aber damit nicht genug: Auch andere Branchen dürften das Grundsatzurteil aus Luxemburg mit Spannung erwarten. Wenn die EU-Bürger in Zukunft beim Fernseh-Fußball europaweite Wahlfreiheit bekommen sollten, muss das dann nicht zum Beispiel auch für den Online-Vertrieb von Hollywood-Filmen und Musikalben gelten?



Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung von Samstag 01. Oktober 2011; Seite 12

Montag, 26. September 2011

Skidata punktet mit Hooligan-Ausschluss

SALZBURG Zutrittssystem-Hersteller stattet Hälfte der Stadien für EURO 2012 aus

Skidata geht unter die Profiler: Eine Innovation des Zutrittssystem-Herstellers sperrt unerwünschte Fans aus Stadien gnadenlos aus. Polen und Ukraine setzen bei der EM drauf.

Grödig. Skidata stattet vier der acht Stadien der nächstes Jahr stattfindenden Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine aus, darunter das neue Nationalstadion in Warschau. Wenn dort am 8. Juli das Eröffnungsspiel angepfiffen wird, sitzen mit höchster Wahrscheinlichkeit keine amtsbekannten Hooligans unter den 58.000 Fans.

Dafür sorgt der Zutrittssystem-Hersteller aus Grödig mit rigo roser Gesichtskontrolle. So muss sich jeder Kartenkäufer fotografieren und am Stadion ingang per Kamera vollautomatisch identifizieren lassen. Stimmen die Bilder nicht überein oder ist die Person unerwünscht, bleibt das Drehkreuz zu. "Die Fotokontrolle ist eine Weltneuheit und das Highlight, das uns wieder zum Hauptausstatter bei inem Fußball-Großereignis gemacht hat", sagt Skidata-Pressesprecherin Sabine Hölzl. Die mit dem tschechi chen Spezialisten für Sicher eits-IT Intergoo entwickelte Lösung verhindert auch die Weitergabe von Saisonkarten -Hooligans schwindeln sich so oft in die Stadien. Den Auftragswert für die EM 2012 beziffert Skidata-Vorstands vorsitzender Charles Egli mit drei Millionen €. Skidata hat seit der WM 2006 in Deutschland jeweils mindestens die Hälfte der Zutrittsaufträge erhalten. Der Salzburger Lokalrivale Axess zog die Bewerbung zurück. "Uns war der Modus in Polen und der Ukraine zu kompliziert. Wir statten lieber andere aus, wie Mainz, Bochum, Dresden, Bukarest, Cluj und Galatasaray Istanbul", spricht Axess-Sprecher Robert Gruber andere bekannte Fußball-Player an.

Umsatz gedreht
2011 sei insgesamt ein gutes Skidata-Jahr, sagt Egli. "Der Umsatz ist wieder leicht im Plus." Im Vorjahr war der Salzburger ALC-Sieger von 2008 und 2009 laut Bilanz des Mutterkonzerns Kudelski um 4,3 Prozent auf 146,5 Millionen abgesackt. Die Mitarbeiterzahl stieg von 600 auf 610.


Quelle: Wirtschaftsblatt von Montag, 26. September 2011; Seite 5

Freitag, 16. September 2011

Vielleicht schießt Geld doch Tore?

Nachdem die PSG dank ihrer katarischen Gönner satte 86 Millionen Euro in Neuzugänge investiert hatte, schien man zu Saisonbeginn vor einem ähnlichen Problem zu stehen, wie der gestrige Europacupgegner Red Bull Salzburg in den Jahren zuvor: Dass sich die Mannschaft erst einspielen müsse. So standen die Pariser nach dem 2. Spieltag mit einem mickrigen Pünktchen knapp vor den Abstiegsrängen und ernteten Spott und Tadel. Seitdem hat der letzte Europacupfinalgegner von Rapid bewerbsübergreifend jedes Spiel gewonnen und in diesen fünf Partien auch nur zwei Gegentreffer hinnehmen müssen. Die Defensive um den neuen Abwehrchef Diego Lugano stellt sich allmählich aufeinander ein. Dennoch meinte Salzburg-Trainer Moniz vor Anpfiff, dass die Chancen 50:50 stehen, allerdings zu beachten sei, „wenn du zurückläufst, dann verlierst du“. Soll heißen: Nicht mauern und auf ein 0:0 hoffen.

Die Formationen der beiden Teams entsprachen dem mittlerweile gängigem 4-2-3-1, wobei die Franzosen forscher nach vorne agierten. In Fortdauer der Begegnung waren es die unterschiedlich starken Offensivtrios im Mittelfeld, die das Spiel entschieden.

Die Gastgeber zu Beginn noch etwas verlegen, tasteten sich langsam an den Gegner heran, waren aber spätestens nach zwanzig Minuten die tonangebende Mannschaft. Die Solospitze Erdinc, konnte von seinen Rückleuten nur einmal in Szene gesetzt werden, da tauchte der Türke aber völlig frei vor Gustafsson auf, zeigte im Abschluss jedoch Nerven und setzte den Ball Meter über den Kasten. Mehr Gefahr ging indes vom angesprochenen Trio Ménez-Pastore-Nene aus, die hinter Erdinc wirbelten. Die Salzburger Hintermannschaft hatte mit den Dreien ihre liebe Not und bekam sie über die gesamte Spieldauer nicht wirklich unter Kontrolle. Die technische Überlegenheit, aber auch jene im Antritt, machten sich besonders die Serie-A-erprobten Ménez und Pastore, ein ums andere Mal zum Vorteil. Die Defensive der Bullen sah sich gegen die von der Roma bzw. von Palermo Engagierten oftmals in Zwei-Mann-, ja sogar Drei-Mann-Überzahl, war jedoch in mehreren Situationen nicht im Stande den Ballbesitz an sich zu reißen.

Im Offensivspiel der Gäste gelang auch nur wenig. Wenn Gefahr aus ging, dann von Jantscher oder Cziommer. Und das auch nur mittels Distanzschüssen. Maierhofer war bei den Innenverteidigern Lugano und Camara gut aufgehoben, Rechtsaußen Leonardo bei Linksverteidiger Armand.

Schließlich waren es aber nicht technischen Defizite, die die Niederlage der Bullen besiegelte, sondern taktische. Vor dem 1:0 durch Nene, ist Salzburg in der Offensive in Ballbesitz. Cziommer verliert nach einem Einwurf den Ball, das folgende Umschalten in die Defensive findet daraufhin zu langsam statt, die PSG kontert im eigenen Stadion. Der letzte Salzburger, der aktiv in einen Zweikampf geht, bestreitet jenen noch knapp vor der Mittellinie. Grundsätzlich kann hier ein taktisches Foul gesetzt werden, um die Konterattacke zu unterbinden. Schiemer, und auf seiner Höhe Sekagya, als letzte Männer, agieren anfangs noch richtig, lassen den aufziehenden Ménez und den links sprintenden Pastore kommen, um ihren Vordermännern Zeit zum Rücklaufen zu gewähren. Kurz vor dem Strafraum müsste sich jedoch Schiemer zu Pastore orientieren und Sekagya den ballführenden Ménez attackieren, dem Franzosen den Ball abnehmen oder im schlechtesten Fall foulen. Ménez, der seit seiner eigenen Hälfte nicht mehr attackiert wurde(!), mit vollem Lauf in den Strafraum eindringen zu lassen, war für die Verteidiger jedoch die ungünstigste Alternative. Beim Penalty verlud Nene Gustafsson dann mustergültig.

Vor dem 2:0 spielt Maierhofer einen katastrophalen Rückpass ins eigene defensive Mittelfeld, der Leitgeb um Meter verfehlt. Mit zwei Erstberührungen schicken Ménez und Pastore Erdinc auf dem linken Flügel tief. Der Türke flankt zur Mitte wo die Salzburger Leitgeb, Svento und Sekagya eigentlich Drei-gegen-Zwei in Überzahl sind, sich jedoch niemand von den Dreien konsequent zum Ball orientiert. Schließlich gelangt der aus dem Rückraum anrauschende Bodmer an das Leder, übernimmt direkt und netzt unhaltbar zum 2:0 ein.

In der Folge waren es dann immer wieder leichtfertige Ballverluste im Mittelfeld, besonders durch katastrophale Fehlpässe, die Großchancen für die PSG ermöglichten. Nach einem Schiemer-Fehlpass auf wenige Meter war zuerst Erdinc allein auf Gustafsson gelaufen, setzte das Leder aber knapp neben das Tor. Wenig später spielt Jantscher im Spielaufbau einen Pass in den Lauf von Ménez, der sich die Chance nicht nehmen lässt und auf 3:0 stellt.

Wenn die Salzburger gefährlich wurden, dann durch Kopfbälle. Im ersten Durchgang scheiterte Maierhofer knapp an Schlussmann Douchez. Im zweiten Durchgang waren es dann vor allem Kopfstösse von Schiemer und Alex, die für etwas Gefahr sorgten. Schließlich war es nach einer Freistoßflanke aus dem Halbfeld Sekagya, der mit einem Kopfball noch den Ehrentreffer für die Salzburger markierte; jedoch mit kräftiger Unterstützung seines rechten Arms, durch den er sich Gegenspieler Jallet vom Leib hielt.

Unterm Strich hielten die Bullen phasenweise mit, mehr aber auch nicht. Vor allem mit dem überfallsartigen Ausschwärmen von Ménez, Pastore und Nene, hatte die Elf des Niederländers Ricardo Moniz ihre liebe Not. Wenn dann im Spielaufbau katastrophale Fehlpässe, wie von Schiemer oder vor den Toren von Maierhofer und Jantscher passieren, darf über eine Niederlage nicht lamentiert werden. Auch die technische Überlegenheit darf nicht außer Acht gelassen werden. So muss neidlos anerkannt werden, dass Neuzugänge à la Ménez oder Pastore weit über einen Leonardo gestellt werden müssen.

Dienstag, 6. September 2011

Wer ist ein Trottel?

Als „aufgescheuchter Hendlhaufen“ bezeichnete Kapitän Christian Fuchs die Leistung der österreichischen Nationalmannschaft nach dem 2:6 von Gelsenkirchen. Ehrlich genug sollte allerdings trotz aller Gegentreffer festgehalten werden: Was hat man sich großartig erwartet? Die Deutschen spielen eine ebenso souveräne Qualifikation wie Vizeweltmeister Niederlande und Weltmeister Spanien. Dass in den neunzig Minuten wieder einmal das taktische Konzept Fehler erwies, war bereits an der Formation vor Anpfiff erkennbar. Mit einer schüchternen Solospitze namens Arnautovic zu beginnen, zeigt nicht von Bemühungen den Gegner früh unter Druck zu setzen, obwohl die deutsche Hintermannschaft sich mehrmals nicht anders helfen zu wusste als den Ball an Schlussmann Neuer zu retournieren. Die Mittelfeldspieler Harnik, Royer und Alaba drückten dennoch. Nachgerückt ist von den Hinterleuten dann wieder kaum jemand. Zudem der gerade erst genese Schiemer als Innenverteidiger gegen den trotz seines Alters spritzigen Klose, auch diese Entscheidung ist - freundlich formuliert - nicht gerade glücklich. Dass sich zu alledem noch inkonsequentes Zweikampfverhalten paarte, machte den Schlamassel auf Schalke perfekt.

Mit einem 3:0-Erfolg heute gegen die Türkei hätte die österreichische Mannschaft - paradoxerweise - dennoch eine intakte Chance auf das Play-off. Zumal für Constantinis Tross nur noch die vermeidlich leichteren Aufgaben in Zentralasien gegen Aserbaidschan und Kasachstan bevorstünden. Dass der Heimsieg gegen die Kasachen voriges Jahr jedoch erst in der Nachspielzeit fixiert wurde und die Belgier gerade eben aus Aserbaidschan nur einen Punkt entführen konnten, klammern wir einmal aus. Auch die Tatsache, dass das ÖFB-Team im Jahr 2011 erst einen Sieg feiern konnte, und das in einem freundschaftlichen Vergleich. Belgien und die Türkei spielen hingegen noch gegen unsere teutonischen Nachbarn. Und wenn diese ihre blütenweiße Weste nicht eh von Haus aus behalten wollen, dann hätten wir doch wenigstens noch wegen Gijon eine kleine Gefälligkeit offen.

Wie Bernhard Hanisch in seiner Kolumne aber schreibt, denkt zumindest jeder auch ein bisserl an „Nestbeschmutzung“. Denn mit einer heutigen Niederlage sollte die Kündigung des polarisierenden Teamchefs reine Formsache sein. Bei einem Sieg würde das „Dahinwurschteln“ wohl weiter gehen. Dass der Fisch am Kopf zu stinken beginnt, bewies ÖFB-Präsident Windtner in einem Servus-TV-Interview, wonach der Rausschmiss Constantinis nicht in Frage käme, weil der Teamchef immerhin erklärte, dass dies doch keinen Sinn mache.

Während also einem neuen Mann zusätzliche vier Spiele - auf Bewerbsebene - zum „Ausprobieren“ genommen wurden, bringen Medien nicht nur Franco Foda und den arbeitslosen Christoph Daum in die Teamchefdebatte ein, sondern auch den Deutschen Marco Pezzaiuoli, der mit der germanischen Unter-17 vor zwei Jahren EM-Gold holte und letzte Saison die Hoffenheimer TSG betreute. Wegen seines taktischen Konzepts sowie seiner im Allgemeinen überzeugenden Philosophie, welche die aufstrebende deutsche Trainergeneration um Klopp und Tuchel vertritt, wäre Pezzaiuoli im „Preis-Leistungs-Verhältnis“ wahrscheinlich die vernünftigste Variante. Wohl aber sind nicht nur spazierende Journalisten mit Hut einfache Trotteln.

Montag, 29. August 2011

Es riecht nach Fisch

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Anzhi Machatschkala auch durch sportliche Erfolge auf sich aufmerksam macht. Der aktuell Tabellenvierte der russischen Premjer-liga sorgte in den vergangenen Wochen wegen der Traumofferte für den Kameruner Samuel Eto’o europaweit für Schlagzeilen. Der Interista hat vergangene Woche endlich den Kontrakt beim Klub aus Dagestan unterschrieben und avancierte mit seinem Autogramm zum Bestverdiener der weltweiten Kickerriege. Und das als Dreißigjähriger, wo sich die Leistungskurve beim Großteil der Aktiven schön langsam wieder nach unten orientiert. Schlappe Sechzig Millionen soll Eto’o in den nächsten drei Jahren verdienen. Eine pervers anmutende Summe, wenn man bedenkt, dass in Ostafrika gerade zwölf Millionen Menschen Hunger leiden und ihnen mit ein paar Euros schon einige Wochen geholfen wäre.

Dass hinter Anzhi, ins Deutsche übersetzt „Perle“, natürlich ein Gönner steht, konnte man sich fast denken. Suleiman Kerimows Privatvermögen bezifferte sich 2008 noch auf 17,5 Milliarden US-Dollar. Nach der Krise sollen es laut Forbes-Magazin „nur noch“ 3,1 Milliarden sein, dennoch zählt der Lesgier nach wie vor zu den reichsten Russen. Diesen Reichtum mag er aber nicht nur mit seinem neuesten Sternchen Eto’o teilen. Bereits seit längerer Zeit verteidigt der mittlerweile 38-jährige Roberto Carlos für die Perle aus Dagestan und wird dafür fürstlich entlohnt. Mittlerweile spielen noch drei andere Brasilianer für Kerimow. Im Winter wechselte der Innenverteidiger Joao Carlos aus Genk an den Kaukasus, genauso wie Jucilei, der Abräumer vor der Abwehr. Er kam für satte zehn Millionen Euro von den Corinthians aus Sao Paulo. Der Vierte im Bunde heißt Diego Tardelli. Der 26-jährige Angreifer kostete vergleichsweise schlappe fünf Millionen Euro und stürmte bereits für Betis und die PSV Eindhoven. Dass im Winter weiters der Mittelfeldspieler Mbark Boussoufa für acht Millionen Euro von Anderlecht und im Juli für 14 Millionen Euro der ungarische Teamstürmer Balázs Dzsudzsák von der PSV kamen, ging im Transferrummel gänzlich unter.

Mit der Verpflichtung Eto’os setzt Anzhi neue Maßstäbe im Wettrüsten um sportlichen Ruhm. Die Abramowitschs dieser Welt müssen sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Mit Malaga und Paris Saint-Germain agierten diesen Sommer zwei neue Vereine in Investorenhand am Transfermarkt äußerst aggressiv. Wirtschaftliche Interessen haben die Paten hinter ihren Investments eher keine. Denn weder Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan von Manchester City, noch Sheikh Abdullah Al Thani von Malaga oder der Emir von Katar, der PSG unterstützt, haben wohl die Muße noch reicher zu werden. Kerimow oder Abramowitsch sind da wohl keine Ausnahmen. Im Vordergrund steht die eigene Popularität zu steigern.

Insofern sind die von der Uefa gehegten Ideen eines „Financial Fair-Plays“ bestimmt nicht falsch. Der Grundgedanke ist jener, dass Vereine in Zukunft nicht mehr Geld - vor allem für Spielertransfers - ausgeben dürfen als sie einnehmen (dazu zählen die Grundeinnahmequellen eines unabhängigen Klubs, ohne Einkünfte von Investoren). Ein berechtigter Vorschlag, wenn der FC Barcelona als Meister und Champions-League-Sieger dennoch Verluste schreibt. Ingesamt macht das Financial Fairplay, welches ab der Saison 2013/14 angewandt wird, aber lediglich die Arbeit an Europas Spitze transparenter. Denn „geringe“ Fehlmargen werden auch in Zukunft toleriert. Ein allmählicher Übergangsprozess soll in den kommenden Saisonen ein langfristig effizienteres Wirtschaften ermöglich. So wird bis zur Saison 2014/15 noch ein Defizit von 45 Millionen Euro für den Vergleichszeitraum, welcher drei Spielzeiten beträgt, geduldet. Bis 2017/18 wird diese Summe auf 30 Millionen Euro verkleinert, ehe danach ein Minus von fünf Millionen Euro stehen darf. Insofern sind diese Reglungen für österreichische Vereine, mit Ausnahme von Red Bull Salzburg, von keiner bedeutenden Relevanz, da mit solch horrenden Summen in unserer Liga eher selten hantiert wird.

Die Konsequenzen gegen diese Regelungen reichen sogar bis zum Ausschluss aus dem Europapokal. Angesichts der Tatsache, dass Anzhi, Malaga und Paris Saint-Germain diese Saison ein sattes Minus auf Grund ihrer Transferaktivitäten einfahren und ihre defizitären Transfergeschäfte wohl auch in den kommenden Perioden fortsetzen werden, stehen die ersten Kandidaten für deren Maßnahmen bereit, da diese Saison bereits als erste Vergleichsperiode für die Saison 2013/14 bestimmt ist.

Dennoch gibt es nach wie vor Ungereimtheiten zu klären. Zwar haben es Investoren wie Kerimow oder Abramowitsch nun schwerer Geld in ihre Vereine zu pumpen, unmöglich wird dies allerdings nicht - auch in den bis dato erlebten Summen. Unter dem Mantel des Sponsoring können Millionenzahlungen mit geleistetem Gegenwert, so wie von der Uefa gefordert, getätigt werden. Der Investor hätte sogar einen zusätzlichen Werbewert. Weitere Maßnahmen seitens der Uefa wären auf juristischer Ebene zu hinterfragen, da die von der Europäischen Union propagierte freie Marktwirtschaft durch weitere Reglements zunehmend eingeschnürt würde. Insofern wird auch Dietrich Mateschitz mit seinen Fußballklubs keine gröberen Schwierigkeiten zu erwarten haben, genauso wenig wie die Werksmannschaften aus Leverkusen und Wolfsburg.

Unterm Strich wird die eigentlich sportliche Stellung von „Investorenvereinen“ gestärkt, da es nun Vereinen ohne Gönnern nicht mehr gestattet wird, finanziell mitzuziehen. Chelsea, Anzhi oder Manchester City spielt dies, genauer betrachtet, mehr in die Karten als Bayern München. Fakt ist aber auch, dass unabhängige Klubs dazu angehalten werden, effektiver zu wirtschaften und so ein geringes Risiko besteht sich massiv zu verschulden. Sportlich wird die Schere in den kommenden Spielzeiten aber noch weiter aus einander gehen. Und eigentlich ist die Uefa als Institution mit ihren Bewerben, ins besondere der hyperkommerziellen Champions League, die mit exorbitant höheren Prämien als die Europa League und einem hier wie dort propagierten für den Laien intransparenten Setzsystem den „kleinen“ Verein massiv benachteiligt und so eine Scherenöffnung mehr forciert als es Abramowitsch je getan hatte, eher zu hinterfragen. Denn der Fisch beginnt am Kopf zu stinken.

Donnerstag, 25. August 2011

Normalzustand

Nach der tapferen Leistung vom letzten Donnerstag flogen die Rieder, zwar nach wie vor als Außenseiter, nach Eindhoven, traten die Reise aber dennoch mit einer zusätzlichen Portion Selbstvertrauen an. Denn die augenscheinliche Dominanz der Niederländer gegenüber der Innviertler, die zeigte sich vor einer Woche nicht wirklich.

So stellte Trainer Paul Gludovatz sein obligatorisches 3-3-3-1 in ein gängiges 4-2-3-1 um. Hinum, der bereits im Hinspiel des öfteren die rechte Flanke gegen den wendigen Mertens verteidigt hatte, wurde von seinem Coach dort fixiert. Hadzic und Ziegl sollten vor der personell nicht umgestellten Abwehr die Räume eng machen; und vor ihnen sollten Lexa, Carrill und Royer schnelle Konterattacken fahren. Solospitze war diesmal der Spanier Guillem. Fred Rutten stellte sein Team genauso wenig um. Das traditionelle 4-3-3 blieb selbstverständlich erhalten. In der Innenverteidigung ersetzte der wieder genesene Hutchinson Marcelo. Weiters rückte Toivonen von der Mittelstürmerposition ins Mittelfeld zurück und für ihn agierte Labyad im Angriffszentrum. Soweit die Formationen.

Ausgesehen hat das in der Praxis so, dass sich die PSV zu Beginn der Partie sichtlich schwer tat, in selbige zu finden. So konnten die Gäste erste Offensivakzente setzen. Und wieder war Rieds Nummer Sieben, Daniel Royer, einer der Hauptinitiatoren des Rieder Angriffspiels- Und wieder war das Spielfeldzentrum auf Grund des Trios Wijnaldum-Toivonen-Strootman in niederländischer Hand. Zusätzlich verlieh Toivonens Präsenz dem Spiel der Werkself eine körperlich stärkere Komponente als es noch Ojo im Hinspiel getan hatte. Überhaupt wirkte das Mittelfeld kreativer. Dies spiegelte sich wieder, indem Wijnaldum seiner Rückennummer alle Ehre erwies und nicht nur im Zentrum, sondern auch an den Flügeln präsent war und versuchte seine Vorderleute gekonnt in Szene zu setzen. Insofern wurde das Spiel der Gastgeber nicht ganz so linkslastig wie noch im ersten Duell. So kam auch Lens am rechten Flügel besser in Szene.

Nach zwanzig, dreißig Minuten hatte sich die PSV auf ihren Gegner aber eingestellt und ließ den Ball mit ein, zwei Kontakten in den eigenen Reihe kreisen. So waren die Rieder gut bedient, dass es zur Pause noch torlos stand, wurde Toivonens Treffer (zu Recht) aberkannt und rettete bei Lens’ Schuss nur der Querbalken die Rieder vor dem Rückstand. Nach dem Wechsel zeigten die Niederländer ihre Klasse und zogen das Tempo mit Fortdauer der Begegnung mehr und mehr an. Toivonens Führungstreffer nach 53 Minuten wäre aber noch zu egalisieren gewesen.

Spielentscheidend war leider ein Patzer von Torwart Gebauer, der bei einem Steilpass am Flügel unnötigerweise seinen Kasten verließ. Lens legt den Ball am Deutschen geschickt vorbei und zirkelte das Leder von der Cornerfahne mit dem Außenrist ins Tor. Danach zeigte die Rieder Mannschaft zu Recht Auflösungserscheinungen. Zwar animierte Orf-Kommentator Michael Roscher, dass eine Wende vielleicht noch möglich sei, „immerhin lag man in Kopenhagen ja auch bereits 0:4 zurück“. Dass PSV aber mindestens zwei Klassen über Bröndby anzusiedeln ist, war nur das eine. Wie oft solche Aufholjagden in der Realität stattfinden, wissen alle die ihre praktischen Erfahrungen nicht nur auf der Play Stationen gemacht haben. Schließlich setzte die PSV ihr technisch ansehnliches „Ein-, Zweimal berühren“ fort. So erzielte der quirlige Wijnaldum nach einem übersichtlichen Pass in den Rückraum das 3:0. Labyad besorgte nur Minuten später mit seiner feinen Schusstechnik das Vierte.

Taktisch und mental strotzte die Rieder Elf immerhin drei von vier Halbzeiten ihren scheinbar überirdisch niederländischen Konkurrenten. Gen Ende hin verdeutlichte die PSV aber den eklatanten Klassenunterschied, der sich vor allem in der technischen Behandlung des Balles wieder spiegelte. Dies erlaubte den Gastgebern vermehrt Eins-gegen-Eins-Situationen zu suchen und diese auch für sich zu entscheiden. Die anschließend frei werdenden Räume wussten die Niederländern auch auf Grund ihrer besser geschulten taktischen Fertigkeiten gekonnt für sich zu nutzen.

Ein Fußballer hat genug vom Fußballgeschäft

Javi Poves braucht nicht mehr zu streiken. Während seine spanischen Fußballerkollegen derzeit um die Auszahlung ausstehender Gehälter kämpfen, ist Poves einen Schritt weiter. Der 24-jährige Profi, der es vergangene Saison auf einen Einsatz in der ersten Liga brachte, lehnt das gesamte System ab und hat deshalb seine Karriere beendet. „Fußball ist in Wirklichkeit eine Metapher für unsere derzeitige Welt. Alles beruht auf einer großen Täuschung“, sagt er. „Fußball soll nur die Menschen von der Realität ablenken“, führt Poves aus. „Es gibt im Fußball sehr viel Korruption, wie in jedem Sektor, in dem es um Geld geht.“ Poves will seine Entscheidung nicht als politisches Statement verstanden wissen. Eltern würden ihren Kindern falsche Ideale mitgeben, ist er überzeugt. „Jeder will heute ein Cristiano oder Messi sein“, erklärt er. Kinder würden dadurch zum Egoismus und Materialismus erzogen. Das sei aber nicht die Schuld der Spieler, sondern des Bildungssystems. Poves will nun Geschichte und Geografie studieren und Libyen, Syrien und den Iran bereisen.

Quelle: Wiener Zeitung von Samstag, 20. August 2011; Seite 3



Javier „Javi“ Poves Gómez wurde am 28. September 1986 in Madrid geboren. Der ehemalige Verteidiger lernte das Kicken im Nachwuchs von Atlético Madrid. Nach Stationen beim Madrider Vorstadtverein Rayo Vallecano und Ausleihphasen bei den unterklassigen La Roza de Madrid und Navalcarnero, wechselte Poves im Sommer 2008 schließlich zu Sporting Gijon, dem Klub von Ex-Rapidler Mate Bilic. Nach zwei Jahren und 63 Einsätzen in der Reserve feierte der Verteidiger am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison beim 0:0 im Auswärtsspiel gegen Hercules Alicante sein Debüt in der Kampfmannschaft. Am 19. Juli 2011 löste Javi Poves seinen Vertrag mit Sporting Gijon vorzeitig auf.

Dienstag, 23. August 2011

Ein Fehler wie damals

Zumindest taktisch waren die Aufstellungen von Peter Schöttel erklärlicher als noch letzte Saison unter Trainer Pacult. Mit dem 4-2-3-1 liegt man im internationalen Trend. Wenn allerdings das nötige Spielermaterial nicht zur Verfügung steht, ist es dennoch nicht zielführend, über diesen Weg den Erfolg zu suchen. Denn ganz maßgeblich dafür sind kreative Offensivspieler, laufstarke Flügelspieler und ein nahezu kompletter Stürmer.

Dennoch war es verwunderlich, dass Schöttel ausgerechnet im Derby in Pacultsche Schemata verfiel und ein 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeldspielern aufbot. Denn nicht nur, dass für die zwei Zerstörer - welche Pichler und Kulovits offensichtlich sein sollten, denn spielerische Zungenschnalzer wird man von beiden auch in Zukunft eher keine erwarten - ein kreativer, zentraler Mittelfeldspieler geopfert und damit das Offensivspiel regelrecht verstümmelt wird, halte ich es nach persönlichem Ermessen grundsätzlich für unnötig bei nationalen Bewerbsspielen, trotz einer Viererkette zwei defensive Mittelfeldspieler aufzubieten. Denn mit den vier Männern im Abwehrverbund und dem standardisierten Sechser, stünden sowieso fünf Mann in der defensiven Grundordnung zur Verfügung. Insofern hätte Rapid am Sonntag defensiv gegen das violette Quartett Jun-Junuzovic-Barazite-Linz immer noch mit einem Mann in Überzahl agieren können.

Dass schon im Frühjahr unter Pacult das Angriffsspiel extrem darunter gelitten hatte, ohne offensiven Mittelfeldspieler im Zentrum auskommen zu müssen, hätte Schöttel, den ich taktisch versierter einschätze als Pacult, wissen können. Zwar ist Nuhiu, verglichen mit seinem Sturmkollegen von Sonntag, ein viel arbeitender Stürmer, für die entscheidenden Akzente im Kreativspiel kann er mangels technischer Fertigkeiten aber sicherlich nicht sorgen. Die Nichtberücksichtigung von Hamdi Salihi wirbelt natürlich ebenfalls einiges an Staub auf, ist der Albaner doch mit Abstand Rapids effektivster Stürmer und genießt auch bei den Fans keinen schlechten Stand.

Eine weitere verwunderliche Personalentscheidung, war die Aufstellung von Harald Pichler als eben zusätzlicher Sechser und die Nichtberücksichtigung des finnischen Nationalspieler Markus Heikkinen. Der ehemalige Innsbrucker Pichler spielte bis dato eine schnörkellose Saison im Abwehrzentrum und ist meiner Meinung bereits zum heimlichen Chef in der Abwehr aufgestiegen. Dementsprechend irreführend war es für mich, ausgerechnet diesen Ruhepol aus dem Abwehrverbund herauszureißen und Mario Sonnleitner an seine Position zu setzen.

Stellungsfehler und zu lasches Zweikampfverhalten waren unterm Strich die Übel für alle drei Gegentore. Bereits beim Lattenschuss der Veilchen steht Pichler katastrophal falsch, weil er bei einem gegnerischen Einwurf vor seinem Gegenspieler steht. In der Folge attackiert Schrammel zu lasch, dem allerdings noch am wenigstens anzukreiden ist, da sein Gegenspieler technisch fein mit einem Kontakt den Ball weiterleitet; und auch Somas Stellungsspiel sieht alles andere als makellos aus.


Auffällig ist, dass die Führung für die Austria ebenfalls nach einem Einwurf zu Stande kommt. Schimpelsberger reagiert zu langsam als Jun dynamisch dem Ball entgegen geht, Pichler lässt seinen Gegenspieler Junuzovic ziehen, Sonnleitner muss deswegen aus dem Zentrum nach außen rücken um Junuzovic zu attackieren. Danach ist gut erkennbar, dass Pichler zwei Sekunden Zeit hätte den freien Jun zu decken, für den nun er anstelle von Sonnleitner zuständig wäre. Und auch Schimpelsberger müsste sich nach Juns Abspiel rascher zurückorientieren, bleibt aber an der Stelle stehen. Pichler orientiert sich unverständlicherweise nach vorne und blickt nicht einmal Richtung eigenes Tor, obwohl die Balllinie hinter ihm ist. Dass Torschütze Barazite schließlich frei steht, ist die Konsequenz, dass die komplette Abwehr weiter nach rechts außen verschieben musste.

Nach der Pause sollte Drazan als dritter offensiver Mittelfeldspieler für mehr Schwung nach vorne sorgen. Die Austria machte aber indes die Tore. Auch beim zweiten Gegentreffer agierte die Rapid-Abwehr alles andere als überzeugend. Barazite kann beinahe die ganze Flanke entlanglaufen, ohne dass Pichler konsequent dazwischen grätscht. Mit einem Foul im Halbfeld hätte Rapid die Lage vorerst gebannt und ausreichend Zeit gehabt, weitere Spieler hinter den Ball zu bekommen. Der KOnter lief aber weiter. Schließlich agiert auch Linksverteidiger Schrammel zögerlich und tackelt erst an der Grundlinie, dies zu verlegen. Spätestens nach dem Stanglpass in den Rückraum muss Rapid nun den Ball gewinnen oder zumindest die Situation klären. Linz kann seinen Gegenspieler Sonnleitner aber abschütteln, zumal sich Linz geschickt in den Rückraum fallen lässt, zum anderen weil Sonnleitner spekulativ reagiert und sich wie Soma neben ihm zum Ball orientiert. Genau dieser Schritt in die falsche Richtung bringt Linz den entscheidenden Platzvorteil. Hofmann attackiert zu forsch und erwischt weder den Ball noch Linz. Nun hätte Rapid - mit 6 gegen 4 in Überzahl - die Gefahr bändigen müssen. Dass Junuzovic freisteht, ist die logische Konsequenz des Verschiebens, aber erneut die Schuld des inkonsequenten Zweikampfverhaltens oder falschen Stellungsspiels.

Beim 0:3 noch einmal. Pichler attackiert Junuzovic zu zögerlich. Der überläuft seinen Gegenspieler genau in dem Moment als er den Schritt nach vorne setzt. Pichler hat nun die Möglichkeiten gegen Junuzovic Foul zu spielen oder schnell genug zu reagieren und mit seinem Gegenspieler mitzulaufen. Von der Körpersprache, denke ich, wollte er Foul spielen, spontan sich allerdings doch um entschieden hatte. Wenn Junuzovic in der Folge so viel Platz in höchstem Tempo hat, ist er dann nur noch ganz schwer zu verteidigen. Der Pass von Jun kommt perfekt in die Nahtstelle, der Abschluss von Linz Formsache. Der alles entscheidende Zweikampf Pichler-Junuzovic entschied der Austrianer für sich. Das Tor war in der Folge kaum mehr zu verhindern.

Im Nachhinein betrachtet, hat die Umstellung auf das defensive 4-4-2 das Spiel entschieden. Der grundsätzlich stabilen Abwehr, welche in den ersten vier Partien nur ein Gegentor hinnehmen musste und ein jedes Mal Harald Pichler als Bestandteil der Innenverteidigung hatte, wurde ihr heimlicher Organisator entzogen. Hinzu kommt, dass Pichler im Mittelfeld dem routinierten Heikkinen vorgezogen wurde. In der Rolle des defensiven Mittelfeldspielers wirkte der Ex-Tiroler mehr als überfordert. Eine weitere negative Konsequenz war die mangelnde Kreativität im Spiel nach vorne. Dass mit zwei Sturmspitzen agiert wurde, war ein nettes Signal. Wenn aus dem Mittelfeld allerdings nichts nachkommt sind auch zwei Spitzen ziemlich ineffektiv. Mit dem Mythos „viele Stürmer ist gleich offensiv“ will doch bitteschön mal wer aufräumen. Und dabei den Harald Pichler vielleicht wieder ins Abwehrzentrum zurückstecken. Dort spielte der Junge bislang eine hervorragende Saison.