Mittwoch, 11. Mai 2011

The Weakest Link

Im englischen Fernsehen gibt es eine Quizshow mit demselben Namen. Ziel des Spiels ist es als Gruppe durch Wissensfragen so viel Geld wie möglich zu sammeln. Zum Ende jeder Runde wird ein Spieler von seinem Team abgewählt und jener, der übrig bleibt, gewinnt die ganze Marie. Im Deutschen - vielleicht auch im Englischen - gibt es eine Redewendung, „die Gruppe ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“.

Während in Europas Topligen je ein Klub - oder maximal ein Duo – das Tableau überlegen anführt, sei es nun Dortmund, Milan, Manchester United/Chelsea oder Barca/Real, spielt in Österreich lange Zeit die halbe Liga um den Titel. Die Ligastärke aber auf die Qualität der Ligaspitze zu minimieren, finde ich etwas gar kurzsichtig. In Zeiten der Abramowitschs und Mateschitz’ kann man sich Erfolg ja ohnehin leicht erkaufen, sollte man meinen. Zumindest der Sprung ins Spitzenfeld gelingt aber jedenfalls, bestes Beispiel Manchester City. Die Homogenität im Abstiegskampf ist da, denke ich, eine weit intaktere. Denn in den Tiefen der Abstiegssümpfe gibt es nur selten Scheichs aus Emiraten, die ihr scheinbar überflüssiges Geld in Dorfklubs oder Vereine aus tristen Industrieperipherien pulvern. Der FC Malaga möge da ein Gegenbeweis sein, aber immerhin bestätigen Ausnahmen ja die Regel (und ist Malaga ja auch ein schönes Städtchen!). Dementsprechend könnte man die Qualität einer Liga ja wohl am ehesten an der Attraktivität und Ausgeglichenheit ihres Abstiegskampfes messen. Wenige irrationale finanzielle Einflussfaktoren von Außen, lassen das Rennen um la salvezza, wie der Ligaverbleib in Italien genannt wird, noch authentisch bleiben.

Doch wie sieht authentischer Abstiegskampf aus? Ich habe mir die Abstiegskämpfe der letzten vier Spielzeiten und der aktuellen aus England, Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, der Schweiz und natürlich Österreich angesehen und ein wenig analysiert. Stichtag ist genau jener Spieltag, den wir momentan in den jeweiligen Ligen haben, umso die Zahlen vergleichen zu können. Und aufgefallen ist, dass keiner der sieben Abstiegskämpfe so langweilig ist, wie jener in der österreichischen Bundesliga. Der abgeschlagene Letzte ist aber kein österreichisches Phänomen. Vor allem in Frankreich ist dies gut erkennbar, wo heuer mit Arles (26 Punkte Rückstand ans rettende Ufer), vor zwei Jahren mit Le Havre (9) und das Jahr zuvor mit Metz (18) jeweils Aufsteiger gnadenlose Rückstande gegenüber der Konkurrenz aufrissen. Vorige Saison hatte überdies Grenoble vier Spieltage vor Schluss einen 17-Punkte-Rückstand auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz. Ein weiteres französisches Unikum ist, dass beinahe die halbe Liga im Abstiegsschlammassel steckt. Sicher muss man nun etwas vorsichtig sein; wenn man sich die aktuelle Tabelle ansieht, fällt aber auf, dass – den Spielplan nicht berücksichtigt – sogar der Sechste, Sochaux, reintheoretisch noch absteigen könnte.

In Deutschland wie in Italien ist der Abstiegskampf nicht minder turbulent. Was in Deutschland auffällt ist, dass selbst der Vorletzte zum letzten Spieltag meist noch Chancen auf den Ligaverbleib hat. Zum selben Zeitpunkt hatten in Italien (hier waren noch zwei Spieltage verbleibend) vergleichsweise nur zwei Teams dieselbe Chance (Reggina in der Saison 08/09 und Empoli im Jahr davor). Was in Italien eher auffällt ist die geringe Fluktuation im Abstiegskampf. Mit Parma, Bologna, Catania, Livorno, Torino oder Reggina gibt es gleich sechs Mannschaften die in den letzten vier Jahren und heuer gleich dreimal in Abstiegsnöte geraten waren oder sogar von selbigem ereilt wurden.

England und Spanien zeigen aber wohl die beeindruckendsten Abstiegsspektakel. In beiden Ländern haben selbst die Vorletzten noch zwei Spieltage vor Schluss zu achtzig bzw. sechzig Prozent eine theoretische Chance; der Achtzehnte ist in vier von fünf Fällen sogar nur maximal einen Punkt unter dem Strich. Bei den Letztplatzierten gibt es keine klare Tendenz. Portsmouth mit 18, Derby mit 22 und Watford mit immerhin noch elf Punkten Rückstand (zwei Spieltage vor Ende der Meisterschaft) waren schon arg abgeschlagen, der heurige Letzte West Ham oder vor zwei Jahren West Brom haben/hatten vergleichsweise minimale vier bzw. drei Zähler Rückstand. In Spanien ein ähnliches Bild: Almeria hat heuer bereits 14 Punkte Rückstand, Levante hatte 2008 ebenso viele, Gimnastic ein Jahr davor zwei weniger. Ein weiteres Indiz für einen spannenden Abstiegskampf sind die teilnehmenden Mannschaften. Auf der Insel, genauso wie in Spanien, sind etwa sechs bis sieben Mannschaften, also gut ein Drittel der ganzen Liga zum Ende der Saison nach wie vor in Turbulenzen.

Um zu enttäuschen muss die T-Mobile-Bundesliga den Vergleich mit den großen Ligen aber erst gar nicht antreten. Die schweizerische Super League beweist uns genauso, dass es auch anders ginge. Ebenfalls eine Zehnerliga, steigt auch der Letzte fix ab, der Vorletzte spielt allerdings in einer Barrage gegen den Zweiten aus der zweiten Liga. Ob sich aktuell Mattersburg gegen Altach durchsetzen würde? Der Letzte war in der Schweiz nicht minder oft mit nicht minder großen Punkteabstand abgeschlagen wie bei uns; durch die Relegation gestaltete der Neunte aber einen, wenn auch inszenierten, Abstiegskampf etwas spannender. So hatte lediglich vorige Saison Bellinzona einen Batzenrückstand als Vorletzter auf den Achten; ansonsten betrug dieser zum letzten Mal 06/07 mehr als zwei Punkte, bei immer noch vier verbleibenden Paarungen. Der Rest der Super League tat ihr bestes nicht unter den Strich zu rutschen, heuer sind nach wie vor der Achte Xamax und theoretisch auch noch der Siebte Grasshoppers in Abstiegsgefahr.

In unserer Liga ist wohl die Grüppchenbildung eine Spezialität. Die Endtabelle der vergangenen Meisterschaft zeigte das Spitzentrio Red Bull, Austria und Rapid innerhalb von drei Punkten. Sturm hatte als Vierter schon 15 Punkte Rückstand auf Rapid, Magna wiederum elf auf Sturm. Mattersburg und der LASK lagen dann beide bei 41 und 40 Zählern, Ried bei 38 zusammen, Kapfenberg dann aber wieder weiter zurück mit 33. Der Abstieg der Kärntner mit mickrigen 15 Zählern war schon zur Winterpause beschlossene Sache.

Lösungen oder ob man überhaupt eine Lösung für den fehlenden Abstiegskampf braucht, ob man überhaupt einen Abstiegskampf braucht, amerikanische Vorbilder ohne Abstieg, traurig aber wahr, es wurde alles schon diskutiert. Ich denke, dass es dem österreichischen Fußball gut tun würde, mehr Fluktuation in die Liga zu bringen. Die finanzielle Sicherheit der Klubs muss gleichzeitig aber gegeben werden, sonst erhöht sich die Zahl der Insolvenzen genauso.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen