Donnerstag, 6. Oktober 2011

Die Bundesliga plant die Energiewende

Nach Jahren des Zögerns investieren deutsche Fußballklubs verstärkt in Umwelttechnik für ihre Sportstätten.

Ingmar Höhmann. Köln. Der Anlagenbauer Imtech hat Platz eins im Blick. Das Hamburger Unternehmen will das Stadion des HSV zur energieeffizientesten Arena der Fußballbundesliga machen. Seit 2010 ist Imtech Namenssponsor der Sportstätte - und hat diese auf Energieeffizienz getrimmt: Eine bessere Rasenheizung, neue Lampen und moderne Gebäudetechnik helfen nun beim Stromsparen. Binnen acht Monaten sank der Energieverbrauch um 35 Prozent. Für den HSV rentiere sich das Projekt nach zwei bis drei Jahren, sagt Rolf-Jürgen Merz, Direktor des Kompetenzzentrums Stadion- und Arenatechnik bei Imtech. „Jeder Stadionbetreiber, der das wirtschaftliche Potenzial beim Energiesparen nicht erkennt, lässt richtig Geld liegen.“

Ein grünes Stadion im hohen Norden - bei den Betreibern von Sportstätten stößt das HSV-Projekt auf Interesse. Diese Woche beginnt Imtech mit der Modernisierung der Mercedes-Benz Arena des VfB Stuttgart, bei weiteren großen Stadien stehen die Verhandlungen vor dem Abschluss.

Solarmodule auf dem Stadiondach. „Das Thema steht bei Vereinen und Kommunen ganz oben auf der Liste“, sagt Joachim Thomas, Vorsitzender der Vereinigung deutscher Stadionbetreiber. Ein Vorzeigeprojekt ist die neue Coface Arena in Mainz: Hier ist etwa Wärmerückgewinnung von Anfang an Teil der Planung, auf dem Stadiondach stehen 11000 Solarmodule. Ein Vorreiter in Sachen Energieeffizienz ist der FC Augsburg, der seine SGL Arena bereits 2007 umbauen ließ.

Dass sich Investitionen in ältere Stadien so rasch amortisieren zeigt auch, dass Energieeffizienz lange keine große Rolle spielte. „Im WM-Jahr 2006 hatte Deutschland zwar die funktionalsten, aber nicht die effizientesten Arenen der Welt“, sagt Natalie Eßig, Leiterin der Arbeitsgruppe Sportstättenbau bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). „Beim Bau standen die Themen Umwelt und Energie nicht im Mittelpunkt. Viel wichtiger war es etwa, die Stadien rechtzeitig fertigzustellen.“

Dabei gab es schon Vorbilder: Die Olympischen Spiele 2000 in Sydney hatten Maßstäbe gesetzt. Solardächer lieferten Strom, Energiesparlampen waren Standard und Wassertanks speicherten Regen. „Wer ein Stadion nachhaltig betreiben will, muss mehr tun als einen Ökostromanbieter wählen", sagt Eßig. "Dazu zählen umweltfreundliche Baumaterialien, wassersparende Armaturen, der Verzicht auf beheizte Außensitze und eine nachhaltige Abfallbewirtschaftung.“

Weil Standards fehlen, lässt sich eine aussagekräftige Ökobilanz von Stadien bislang nicht ermitteln. Die DGNB will Abhilfe schaffen und arbeitet an einem Siegel für nachhaltige Sportstätten. Auch Verbände helfen weiter. Der Landessportbund Hessen berät Klubs und Kommunen beim Betrieb ihrer Sportstätten in Energie- und Umweltfragen. Für die Finanzierung von Umbauten bietet das Land Fördermittel.

Der Versorger Mainova hat auch für die Fans ein Angebot. In der Tiefgarage der Commerzbank-Arena von Zweitligist Eintracht Frankfurt hat er zwei Tankstellen für Elektroautos eingerichtet. Besucher können hier ihre Autobatterie mit Ökostrom aufladen. Für Mainova ist die Aktion auch Werbung für die jüngst verlängerte Partnerschaft mit der Eintracht. Seit Juli versorgt das Unternehmen die Arena mit Strom, Gas und Wasser - nach eigenen Angaben komplett CO2-neutral.



Quelle: Handelsblatt von Donnerstag, 06.Oktober 2011; Seite 52

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