Dienstag, 23. August 2011

Ein Fehler wie damals

Zumindest taktisch waren die Aufstellungen von Peter Schöttel erklärlicher als noch letzte Saison unter Trainer Pacult. Mit dem 4-2-3-1 liegt man im internationalen Trend. Wenn allerdings das nötige Spielermaterial nicht zur Verfügung steht, ist es dennoch nicht zielführend, über diesen Weg den Erfolg zu suchen. Denn ganz maßgeblich dafür sind kreative Offensivspieler, laufstarke Flügelspieler und ein nahezu kompletter Stürmer.

Dennoch war es verwunderlich, dass Schöttel ausgerechnet im Derby in Pacultsche Schemata verfiel und ein 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeldspielern aufbot. Denn nicht nur, dass für die zwei Zerstörer - welche Pichler und Kulovits offensichtlich sein sollten, denn spielerische Zungenschnalzer wird man von beiden auch in Zukunft eher keine erwarten - ein kreativer, zentraler Mittelfeldspieler geopfert und damit das Offensivspiel regelrecht verstümmelt wird, halte ich es nach persönlichem Ermessen grundsätzlich für unnötig bei nationalen Bewerbsspielen, trotz einer Viererkette zwei defensive Mittelfeldspieler aufzubieten. Denn mit den vier Männern im Abwehrverbund und dem standardisierten Sechser, stünden sowieso fünf Mann in der defensiven Grundordnung zur Verfügung. Insofern hätte Rapid am Sonntag defensiv gegen das violette Quartett Jun-Junuzovic-Barazite-Linz immer noch mit einem Mann in Überzahl agieren können.

Dass schon im Frühjahr unter Pacult das Angriffsspiel extrem darunter gelitten hatte, ohne offensiven Mittelfeldspieler im Zentrum auskommen zu müssen, hätte Schöttel, den ich taktisch versierter einschätze als Pacult, wissen können. Zwar ist Nuhiu, verglichen mit seinem Sturmkollegen von Sonntag, ein viel arbeitender Stürmer, für die entscheidenden Akzente im Kreativspiel kann er mangels technischer Fertigkeiten aber sicherlich nicht sorgen. Die Nichtberücksichtigung von Hamdi Salihi wirbelt natürlich ebenfalls einiges an Staub auf, ist der Albaner doch mit Abstand Rapids effektivster Stürmer und genießt auch bei den Fans keinen schlechten Stand.

Eine weitere verwunderliche Personalentscheidung, war die Aufstellung von Harald Pichler als eben zusätzlicher Sechser und die Nichtberücksichtigung des finnischen Nationalspieler Markus Heikkinen. Der ehemalige Innsbrucker Pichler spielte bis dato eine schnörkellose Saison im Abwehrzentrum und ist meiner Meinung bereits zum heimlichen Chef in der Abwehr aufgestiegen. Dementsprechend irreführend war es für mich, ausgerechnet diesen Ruhepol aus dem Abwehrverbund herauszureißen und Mario Sonnleitner an seine Position zu setzen.

Stellungsfehler und zu lasches Zweikampfverhalten waren unterm Strich die Übel für alle drei Gegentore. Bereits beim Lattenschuss der Veilchen steht Pichler katastrophal falsch, weil er bei einem gegnerischen Einwurf vor seinem Gegenspieler steht. In der Folge attackiert Schrammel zu lasch, dem allerdings noch am wenigstens anzukreiden ist, da sein Gegenspieler technisch fein mit einem Kontakt den Ball weiterleitet; und auch Somas Stellungsspiel sieht alles andere als makellos aus.


Auffällig ist, dass die Führung für die Austria ebenfalls nach einem Einwurf zu Stande kommt. Schimpelsberger reagiert zu langsam als Jun dynamisch dem Ball entgegen geht, Pichler lässt seinen Gegenspieler Junuzovic ziehen, Sonnleitner muss deswegen aus dem Zentrum nach außen rücken um Junuzovic zu attackieren. Danach ist gut erkennbar, dass Pichler zwei Sekunden Zeit hätte den freien Jun zu decken, für den nun er anstelle von Sonnleitner zuständig wäre. Und auch Schimpelsberger müsste sich nach Juns Abspiel rascher zurückorientieren, bleibt aber an der Stelle stehen. Pichler orientiert sich unverständlicherweise nach vorne und blickt nicht einmal Richtung eigenes Tor, obwohl die Balllinie hinter ihm ist. Dass Torschütze Barazite schließlich frei steht, ist die Konsequenz, dass die komplette Abwehr weiter nach rechts außen verschieben musste.

Nach der Pause sollte Drazan als dritter offensiver Mittelfeldspieler für mehr Schwung nach vorne sorgen. Die Austria machte aber indes die Tore. Auch beim zweiten Gegentreffer agierte die Rapid-Abwehr alles andere als überzeugend. Barazite kann beinahe die ganze Flanke entlanglaufen, ohne dass Pichler konsequent dazwischen grätscht. Mit einem Foul im Halbfeld hätte Rapid die Lage vorerst gebannt und ausreichend Zeit gehabt, weitere Spieler hinter den Ball zu bekommen. Der KOnter lief aber weiter. Schließlich agiert auch Linksverteidiger Schrammel zögerlich und tackelt erst an der Grundlinie, dies zu verlegen. Spätestens nach dem Stanglpass in den Rückraum muss Rapid nun den Ball gewinnen oder zumindest die Situation klären. Linz kann seinen Gegenspieler Sonnleitner aber abschütteln, zumal sich Linz geschickt in den Rückraum fallen lässt, zum anderen weil Sonnleitner spekulativ reagiert und sich wie Soma neben ihm zum Ball orientiert. Genau dieser Schritt in die falsche Richtung bringt Linz den entscheidenden Platzvorteil. Hofmann attackiert zu forsch und erwischt weder den Ball noch Linz. Nun hätte Rapid - mit 6 gegen 4 in Überzahl - die Gefahr bändigen müssen. Dass Junuzovic freisteht, ist die logische Konsequenz des Verschiebens, aber erneut die Schuld des inkonsequenten Zweikampfverhaltens oder falschen Stellungsspiels.

Beim 0:3 noch einmal. Pichler attackiert Junuzovic zu zögerlich. Der überläuft seinen Gegenspieler genau in dem Moment als er den Schritt nach vorne setzt. Pichler hat nun die Möglichkeiten gegen Junuzovic Foul zu spielen oder schnell genug zu reagieren und mit seinem Gegenspieler mitzulaufen. Von der Körpersprache, denke ich, wollte er Foul spielen, spontan sich allerdings doch um entschieden hatte. Wenn Junuzovic in der Folge so viel Platz in höchstem Tempo hat, ist er dann nur noch ganz schwer zu verteidigen. Der Pass von Jun kommt perfekt in die Nahtstelle, der Abschluss von Linz Formsache. Der alles entscheidende Zweikampf Pichler-Junuzovic entschied der Austrianer für sich. Das Tor war in der Folge kaum mehr zu verhindern.

Im Nachhinein betrachtet, hat die Umstellung auf das defensive 4-4-2 das Spiel entschieden. Der grundsätzlich stabilen Abwehr, welche in den ersten vier Partien nur ein Gegentor hinnehmen musste und ein jedes Mal Harald Pichler als Bestandteil der Innenverteidigung hatte, wurde ihr heimlicher Organisator entzogen. Hinzu kommt, dass Pichler im Mittelfeld dem routinierten Heikkinen vorgezogen wurde. In der Rolle des defensiven Mittelfeldspielers wirkte der Ex-Tiroler mehr als überfordert. Eine weitere negative Konsequenz war die mangelnde Kreativität im Spiel nach vorne. Dass mit zwei Sturmspitzen agiert wurde, war ein nettes Signal. Wenn aus dem Mittelfeld allerdings nichts nachkommt sind auch zwei Spitzen ziemlich ineffektiv. Mit dem Mythos „viele Stürmer ist gleich offensiv“ will doch bitteschön mal wer aufräumen. Und dabei den Harald Pichler vielleicht wieder ins Abwehrzentrum zurückstecken. Dort spielte der Junge bislang eine hervorragende Saison.

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